Ich lasse mir Zeit, um Zeit zu sparen

Keine Zeit zum Lesen? Dann lassen Sie sich den Text doch einfach von mir vorlesen.

 

Hauptsache beschäftigt – unter diese Maxime scheinen viele Mitarbeiter ebenso wie Führungskräfte ihren Arbeitstag zu stellen. Morgens steht das eigene Auto natürlich schon lääängst auf dem Parkplatz, wenn der Chef vorfährt. Abends steht es immer noch da, wenn er in Feierabend geht. Motivation nennen wir das dann. Engagement. Einsatz.

Dabei sitzt Kollege Müller täglich in vier Meetings, in denen viel geredet, aber wenig gearbeitet wird; hat am Mittag zwei Stunden mit Kollegen über die Farbtöne des neuen Flyers diskutiert und am Morgen ausführlich in der Zeitung geblättert.

Was geht hier schief?

 

Es muss doch eine Lösung geben!

Ganz einfach: Wir sind von einem mentalen Virus befallen. Einer äußerst bedrohlichen Krankheit, die sich „Input“ nennt. Ihr zu erliegen, bedeutet ein langsames, aber qualvolles Dahinsiechen. Denn der Virus bewirkt, dass Sie unglaublich beschäftigt sind. Eine Menge Aufwand, Mühe oder Zeit in eine Sache investieren. Nur um am Ende minimal wenig Output zu erhalten.

Ich beobachte in meinen Beratungsprojekten immer wieder Folgendes: Ein Problem tritt auf. Und in rekordverdächtiger Geschwindigkeit werden die ersten Lösungsvorschläge entwickelt. Der Input – also die Aktivität – wird höher bewertet als der Output – das Ergebnis. Um guten Output zu erzeugen, müssten die Input-Infizierten erstmal den Umweg des Nachdenkens gehen, um sicherzustellen, dass sie das Problem auch klar erfasst haben. Doch das passiert nicht. Denn Nachdenken ist unangebracht in einer Zeit, in der alles schnell erledigt und am besten schon gestern fertig sein muss.

Das ist vergleichbar damit, wenn die Reifen Ihres Autos abgefahren sind. Das ging dieses Mal vielleicht schneller als erwartet. Aber egal: gleich in den Input, Termin in der Werkstatt machen und neue Reifen aufziehen. Dabei wäre es schlauer, erstmal zu überprüfen, was eigentlich das Problem ist. Wenn Sie dann bei der genauen Analyse feststellen, dass die Achse schief steht, weil Sie mal einen Bordstein zu flott hochgefahren sind, ergibt sich auf einmal ein neues Ziel, ein neuer Output: Sie müssen die Spur des Autos richten lassen.

Der Input-Virus sorgt also nicht nur dafür, dass wir unglaublich beschäftigt sind. Er sorgt auch noch dafür, dass wir viel zu viel an den falschen Lösungen arbeiten.

 

Gezielt auf die Überholspur

So schnell die heutige Zeit auch sein mag, Unternehmen und ihre Mitarbeiter könnten sich meiner Ansicht nach viel Input und Energie sparen, indem sie zunächst einmal die Handbremse anziehen.

Denn wenn ein Problem auftaucht, dann können Sie nur sinnvolle Lösungsansätze finden, wenn Sie es zunächst analysieren und diagnostizieren. Was genau ist wirklich unser Problem? Wie ist es dazu gekommen? Wodurch zeigt sich das Problem genau? Wenn es in einem Unternehmen zum Beispiel auffallend viele Überstunden gibt, wird gerne über die „unfähigen Mitarbeiter“ geschimpft. Aber vielleicht vergeuden sie nur deswegen sinnlos viel Zeit am Schreibtisch, weil die Führungskräfte am Monatsende nur auf die im Büro verbrachten Stunden schauen statt auf die produzierten Ergebnisse?

Eine solche ausführliche Diagnostik erfordert Zeit, keine Frage. Es ist ein anstrengender und manchmal nerviger Prozess, ein Problem von allen Seiten zu beleuchten. Doch dieser vermeintliche Umweg wird zu Ihrer Überholspur. Denn wenn Sie das Problem klar diagnostiziert und ein eindeutiges Ziel definiert haben, können Sie nach der besten Lösung suchen, um dorthin zu kommen. Einer Lösung, die dann wirklich wirkt und eine Abkürzung bietet.

 

Es gibt immer eine Abkürzung nach Rom

Sowohl in meinen Projekten als auch in meinem Büro und sogar privat habe ich es mir deshalb zur Maxime gemacht: Bevor ich in blinden Aktionismus verfalle, definiere ich den Output, den ich erzielen möchte.

Denn viele Wege führen nach Rom. Und es gibt immer eine Abkürzung. Manche Wege sind schneller, andere günstiger und wieder andere einfacher. Ich wähle dann den geeignetsten aus und konzentriere mich darauf, auf dieser Abkürzung Strecke zu machen. Ergebnisse zu produzieren. Keine Zeit mit unnötigen Aufgaben und unproduktivem Input zu vergeuden. Und bin damit abends früher und erfolgreicher aus dem Büro als so mancher höchst „beschäftigte“ Schreibtischbewohner.

So wird aus dem vermeintlichen Umweg des Nachdenkens die wahre Überholspur.