
HOLZERS HORIZONTE
Zwischen Anspruch und Absurdität – Warum Arbeit mehr als ein Wunschkonzert ist
Ob Home-Office-Exzesse, „Maybe-Days“ oder All-inclusive-Benefits: Unsere Vorstellung von Arbeit driftet in absurde Extreme. Wo enden gesunde Forderungen? Und wo beginnen unrealistische Ansprüche? Eine Einladung zur Rückkehr zu Maß, Mitte und echtem Arbeitsbewusstsein.
Zwischen Anspruch und Absurdität – Warum Arbeit mehr als ein Wunschkonzert ist
Anspruch zu haben ist per se nichts Schlechtes. Im Gegenteil: Wer etwas fordert, zeigt, dass er sich selbst und seine Leistung ernst nimmt. Doch in vielen Unternehmen kippt diese Haltung derzeit in eine absurde Richtung.
Arbeit ist kein Wellnessangebot
Was haben die nachstehenden Forderungen gemeinsam?
Vier Tage Home-Office pro Woche,
kostenlose Kaffee-, Tee- und selbstverständlich auch Milchalternativen,
vom Arbeitgeber (mit-) finanzierte Fitness-Studio-Mitgliedschaften,
6 Monate Workation vom Strand aus oder gar
“Maybe-Days”: Wer sich an einem Tag nicht arbeitsmotiviert fühlt, bleibt mangels Bock einfach Zuhause.
All diese Forderungen erlebe ich derzeit in der Praxis. Auch wenn einige davon nachvollziehbare Hintergründe haben: sie zeugen nicht mehr von einem gesunden Selbstbewusstsein derjenigen, die sie einfordern – sondern von einem fatalen Missverständnis darüber, worum es in der Arbeitswelt eigentlich geht.
Wo liegt die Grenze?
Nicht jede Forderung ist automatisch falsch. Schauen wir uns die zuvor genannten Beispiele nochmal an und differenzieren:
Ein flexibles Home-Office kann Sinn machen und die Produktivität / Effizienz steigern. Wenn es zu viel wird, verlieren wir jedoch Gemeinschaftsgefühl und informellen Austausch.
Eine Geste wie kostenlose Getränke fördert die Wertschätzungskultur. Doch wenn aus der freiwilligen Leistung des Arbeitgebers ein gefühlt "einklagbares" Recht auf Vielfalt im Kühlschrank wird, verlieren wir das Maß.
Der Arbeitgeber soll das Fitness-Studio mitbezahlen? Nein, der Arbeitgeber ist nicht für das Freizeitglück seiner Mitarbeiter zuständig.
Workation am Strand, während die Kollegen in der Produktion jeden Tag vor Ort malochen? Unabhängig von Neid und Missgunst: Lässt sich in der Praxis zeigen, dass Workation das Format ist, mit dem Teams gemeinsam Spitzenleistung bringen? Die Wahrheit ist wohl eher: Wer 6 Monate Urlaub machen will, sollte versuchen, ob er bezahlten und unbezahlten Urlaub kombiniert bekommt.
“Maybe Days”? Wer so etwas fordert, bleibt am besten gleich ganz Zuhause und schreibt Bewerbungen. Wer will Kollegen haben, die so eine Arbeitseinstellung mitbringen?
Unternehmen sind keine Erziehungsberechtigten, die jedes Bedürfnis ihrer "kindischen" Mitarbeiter befriedigen müssen.
Der stille Rückzug: Dienst nach Vorschrift
Doch warum erleben wir diese Verschiebung überhaupt? Warum wünschen sich Menschen zunehmend mehr individuelle Freiheiten – und gleichzeitig sinkt ihre Identifikation mit ihrer Arbeit?
Aktuelle Studien zeigen: Die emotionale Bindung der Mitarbeitenden an ihre Unternehmen ist auf einem historischen Tiefpunkt. Laut Gallup Engagement Index 2024 liegt der Anteil der Beschäftigten mit hoher Bindung erstmals im einstelligen Prozentbereich. Gleichzeitig hat sich die Zahl jener verringert, die innerlich bereits komplett gekündigt haben. Was bleibt, ist die große graue Masse: Menschen, die still ihre Arbeit erledigen – aber ohne echten Antrieb oder Engagement. Dienst nach Vorschrift ist zur neuen Normalität geworden.
Diese innere Distanz hat Konsequenzen: Nur etwa die Hälfte der Beschäftigten plant, in einem Jahr noch beim aktuellen Arbeitgeber zu bleiben – während Headhunter aktiver denn je sind. Noch alarmierender: Das Vertrauen in Unternehmen und ihre Führung sinkt spürbar – sowohl in Hinblick auf wirtschaftliche Stabilität als auch auf Führungs-Kompetenz.
Arbeit ist Gemeinschaft
Dabei wird oft vergessen: Der größte Benefit der Arbeit ist nicht der Kaffee oder das Gym-Abo. Es ist die Zugehörigkeit. Wer in einem funktionierenden Team einen sinnvollen Beitrag leistet, ist Teil einer Erfolgsgemeinschaft. In Zeiten zunehmender Vereinsamung und mentaler Herausforderungen ist das kein zu unterschätzender Wert. Arbeit kann Halt geben, Struktur, Sinn.
Gewolltes Mitglied einer Gruppe zu sein, weil man einen sinnvollen Beitrag leistet, ist eine wirkungsvolle Medizin gegen Vereinsamung und Depressionen.
Was Arbeit wirklich bedeutet
So mancher LinkedIn-Post feiert Arbeit als Selbstverwirklichungsreise mit Latte-Art und Purpose-Coaching. Die unbequeme Realität ignorieren solche Ideale gern: Arbeit ist in vielen Bereichen immer noch Maloche. Sie verlangt Einsatz, Verlässlichkeit – und nicht selten, dass man auch dann liefert, wenn’s gerade nicht Spaß macht.
Vielleicht müssen wir auch eine Grundsatzdiskussion führen, um alle Beteiligte wieder auf die gleiche Seite im Buch zu bekommen, was wir hier eigentlich machen. Mein Vorschlag:
Menschen arbeiten, um Kunden einen Nutzen zu stiften.
Dafür bezahlt er einen Preis.
Von diesem Preis werden Gehälter, Benefits und vieles andere finanziert.
Wer diese Zusammenhänge vergisst, verwechselt Unternehmen mit Wohlfahrtsverbänden.
Zurück zu Maß und Mitte
Wir brauchen eine neue Balance. Ja, Unternehmen müssen als Arbeitgeber attraktiv sein. Ja, moderne Arbeitswelten müssen Flexibilität bieten. Aber sie dürfen nicht zum Wunschkonzert verkommen. Wer als Mitarbeiter nur fragt, was er bekommt, statt was er beitragen kann, hat das Prinzip verfehlt. Und wer als Führungskraft alles gewährt, verliert Respekt und Orientierung.
Arbeit darf fordern. Und sie darf etwas zurückgeben. Aber das geht nur, wenn beide Seiten Maß halten. In diesem Sinne: Weniger Maybe-Days. Mehr Commitment. Und für alle Beteiligten gilt: Wer viel fordert, muss auch viel geben! So entstehen starke Erfolgs-Gemeinschaften.
Das Geheimnis starker Beziehungen: Was ein Bierkasten mit guter Kommunikation zu tun hat
Am Ostersonntag traf ich einen älteren Herrn, der mich an etwas Entscheidendes erinnerte: Gute Beziehungen entstehen nicht durch Worte, sondern durch echtes Interesse, Initiative – und manchmal durch einen kleinen Umweg mit dem Auto. Drei Lehren können wir daraus für Beruf und privates Umfeld ziehen…
Das Geheimnis starker Beziehungen: Was ein Bierkasten mit guter Kommunikation zu tun hat
Beziehungen sind der Schlüssel zu Erfolg – im Leben wie im Beruf. Doch was macht eine gute zwischenmenschliche Beziehung wirklich aus? Eine Begegnung hat mir das auf ganz besondere Weise gezeigt.
Eine unerwartete Begegnung
Ostersonntag. Die Sonne scheint, ich spaziere mit meiner Frau und unserem Hund durch den Ort. Plötzlich sehe ich einen älteren Mann auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Er schleppt sichtbar angestrengt einen Kasten Bier.
„Kann ich Ihnen helfen?“ rufe ich. „Danke, das geht schon“, antwortet er knapp – ohne mich anzuschauen.
Ich gehe weiter, drehe mich aber noch einmal um. Der Mann hat den Kasten abgestellt und versucht nun, ihn mit der anderen Hand zu tragen. Es wirkt jedoch nicht leichter.
Ich mag es selbst nicht besonders, wenn mir „geholfen werden muss“. Aber hier entscheide ich mich, aktiv zu werden. Ich überquere die Straße. „Kommen Sie, ich trage Ihnen den Kasten.“ „Wirklich? Das ist nett. Ich muss zur Bushaltestelle am Ende des Ortes“, antwortet er und lächelt jetzt.
Bock aufs Leben – wortwörtlich
Ich hebe den Kasten hoch und lese die Biermarke: Schumacher. Ich grinse: „Das ist doch die Brauerei aus dem verbotenen Land!“ Er lacht. „Richtig, aus Düsseldorf. Das Bier heißt ‚Bock aufs Leben‘ – eine Sonderedition zum 70. Geburtstag der Inhaberin. Der Erlös wird gespendet.“
Auf dem Weg zur Haltestelle unterhalten wir uns. Er erzählt von seiner Familie, seiner Tochter, die ihn heute eingeladen hat. Ich erfahre mehr über ihn – freundlich, offen, gesprächig. Ganz anders als der erste Eindruck.
An der Haltestelle angekommen, will er mir eine Flasche schenken. Ich zögere – er besteht darauf. “Vielen Dank! Aber ich zweifle wirklich daran, dass heute hier ein Bus kommt”, entgegne ich. Gemeinsam schauen wir auf den Fahrplan. Keine passende Verbindung in Sicht.
„Wissen Sie was? Ich hole mein Auto und fahre Sie. Warten Sie hier im Schatten.“
Kurze Zeit später sitze ich mit ihm im Wagen. Eine anregende Unterhaltung folgt.
Drei Dinge, die ich dabei gelernt habe
Diese Begegnung hat mir auf einfache Weise gezeigt, worauf es in guten Beziehungen ankommt – privat wie beruflich.
1. Urteile nicht vorschnell über Menschen
Der erste Eindruck täuscht oft. Der Mann wirkte zunächst grimmig – war aber alles andere als das. Gute Kommunikation beginnt mit Offenheit und der Bereitschaft, das Verhalten von der Person zu trennen. Das hilft uns, wohlwollender zu urteilen – und manchmal auch leichter zu verzeihen. Prüfen Sie selbst: Meist kritisieren wir nur das Verhalten; und nicht den Menschen an sich.
2. Warte nicht auf einen Hilferuf
In Unternehmen ist es wie im Alltag: Wer nur dann hilft, wenn er gefragt wird, handelt kollegial. Wer von sich aus Unterstützung anbietet, verhält sich kameradschaftlich. Manchmal ist es dazu notwendig, dass man seine Hilfe förmlich aufdrängt. Hier ist selbstredend Fingerspitzengefühl gefragt, da wir niemanden bevormunden wollen. Doch es braucht gelegentlich diesen Schubser von außen, um jemandem über seinen Stolz zu helfen.
3. Eine Hand wäscht die andere
Beziehungen leben vom Ausgleich. Wer gibt, bekommt oft etwas zurück – nicht immer sofort, nicht immer materiell. Doch echte Wertschätzung zeigt sich. Wenn nicht: Auch das ist eine wichtige Erkenntnis; ziehen Sie Ihre Schlüsse daraus. Und dass Sie sich durch Ihre hilfsbereite Haltung nicht ausnutzen lassen sollten, erklärt sich von selbst (Stichwort: Helfer-Syndrom)
Gute Beziehungen leben von Eigeninitiative
Ob im Team, mit Kunden oder im privaten Umfeld: Wer gute Beziehungen pflegen will, sollte nicht auf andere warten – sondern Initiative zeigen, offen kommunizieren und echtes Interesse zeigen. Vielleicht beginnt es einfach mit einer kleinen Geste, dem Schritt über die Straße – oder einem Kasten Bier. Haben Sie „Bock aufs Leben“? Dann investieren Sie in die Menschen, die Ihnen wichtig sind.
Leistung statt Bequemlichkeit
Die Herausforderungen an Unternehmer und Führungskräfte sind hoch. Auf der einen Seite: Vier-Tage-Woche. Work-Life-Balance. Yoga-Kurse in den Unternehmen. Gleichzeitig: abkühlende Konjunktur. Sinkende Produktivität. Erste Unternehmen in Schieflage: Personalabbau, Restrukturierung, Insolvenz. Wo könnte ein Packan sein, damit Sie Ihr Unternehmen auf Erfolgskurs halten?
Leistung statt Bequemlichkeit
Die Herausforderungen an Unternehmer und Führungskräfte sind hoch. Auf der einen Seite: Vier-Tage-Woche. Work-Life-Balance. Yoga-Kurse in den Unternehmen. Gleichzeitig: abkühlende Konjunktur. Sinkende Produktivität. Erste Unternehmen in Schieflage: Personalabbau, Restrukturierung, Insolvenz. Wo könnte ein Packan sein, damit Sie Ihr Unternehmen auf Erfolgskurs halten?
Pizza als Lehrmeister
London. Meine Frau und ich laufen die Straße am Tottenham Hotspurs Stadion entlang. Überall Menschen. In ein paar Stunden beginnt das Konzert von Guns N' Roses. Auf einer kleinen Mauer kauert ein Pärchen, Mitte 50, und isst eine Pizza. „Guten Appetit“, rufe ich ihnen im Vorbeigehen zu. „Danke. Wollt ihr auch ein Stück?“ entgegnet die Frau — und streckt uns den Pizzakarton entgegen. Lächelnd lehnen wir ab. „Die meinte das echt ernst“, sage ich verwundert zu meiner Frau.
Eine Weile später. Wir sitzen im Stadion. Die Band hat ordentlich Verspätung. Der Typ neben meiner Frau steht auf. Kommt nach einer Weile zurück. In der Hand: eine Pizza. „Die sieht gut aus“, begrüße ich ihn zurück. Er lächelt mich an: „Wollt ihr auch etwas?“ — und hält uns ebenfalls den Karton entgegen.
Zwei mal so ein Pizza-Event innerhalb weniger Stunden. Das war schon auffallend. Meine Frau und ich sind uns einig: Das würde uns in Deutschland nicht passieren. Wir fragten uns: Wie würden wir reagieren, wenn wir Pizza essen und jemand uns “Guten Appetit” wünscht?
Welches Verhalten Wird in Ihrem Unternehmen verstärkt?
Mir geht es hier gar nicht darum, zu bewerten, ob das eine oder das andere besser ist. Mir geht es um die Frage: Was können wir daraus für Unternehmen lernen? Der entscheidende Begriff ist hier: Kultur.
Wir beziehen den Begriff auf ganze Länder. Auf Städte. Familien. Freundeskreise. Und natürlich auch auf Unternehmen, Abteilungen und einzelne Teams. Aber was bedeutet er eigentlich?
In meiner Arbeit mit Familienunternehmen hat sich folgende Definition des Begriff Unternehmenskultur bewährt:
Kultur ist der prägende Charakter eines Unternehmens; sie verstärkt die für sie typischen Verhaltensweisen der Menschen, die in ihr arbeiten.
Besonders deutlich wird dieser typische Charakter eines Unternehmens für neue Mitglieder der Kultur. Wenn Sie also wissen wollen, wie Ihr Unternehmen tickt, fragen Sie nicht die alten Hasen, sondern die neuen Mitarbeiter. Ihnen werden die typischen Charaktereigenschaften förmlich ins Auge springen. Das, was auffallend, was anders ist im Vergleich zu anderen Organisationen.
Ähnlich wie für uns in London: Die Pizza-Erlebnisse waren für uns auffallend freundlich und haben unser Bild eines respektvollen, freundlichen Umgangs — auch mit Fremden — in London bestärkt. Die Stadt genießt bei uns einen guten Ruf, weil wir verschiedene positive Verhaltensweisen erlebt und beobachtet haben.
Solche Kultur-Diagnosen können Sie auch in Ihrem Unternehmen systematisch durchführen. Wenn Sie dann das Ergebnis sehen, wird es spannend: Verstärkt Ihre Unternehmenskultur die gewünschten Verhaltensweisen? Oder fördert sie gar solche Verhaltensweisen, die Sie gar nicht (mehr) sehen wollen?
Der weiche Kram bestimmt den finanziellen Erfolg
Aber warum sollten Sie sich als ergebnisorientierter Manager mit so weichem Kram wie Kultur beschäftigen?
Ganz einfach: Wenn der weiche Kram die falschen Verhaltensweisen verstärkt, fliegen Ihnen irgendwann die harten Zahlen um die Ohren.
Sie können das gut mit einer Ehe vergleichen: Wenn Sie nicht sorgsam auf den weichen Kram achten — die Kultur, wie Sie miteinander umgehen — geraten Sie als Paar auf kurz oder lang ins Schlittern. Es passieren dann die abstrusesten Dinge, zum Beispiel, dass sich ein Paar auseinander lebt, obwohl es seit Jahren im gleichen Haus lebt.
Agilität vs. Regeltreue
Ich halte einen Vortrag bei einem großen langjährig etablierten Konzern. Seit einigen Monaten wird die gesamte Organisation auf Agilität getrimmt. An jenem Nachmittag fahre ich an den Besucherparkplatz und Klingel an der Schranke. “Guten Tag. Holzer mein Name. Ich halte heute einen Vortrag bei Ihnen im Haus”, informiere ich den Pförtner. Er entgegnet mir: “Mir wurde gesagt, dass der Parkplatz heute wegen einer Veranstaltung gesperrt ist. Bitte parken Sie auf einem anderen Parkplatz.” “Ja, ich weiß, dass es heute eine Veranstaltung gibt. Ich bin einer der Referenten. Der Veranstalter, Herr Meier, hat mir einen Parkplatz hier reserviert”, versuche ich es erneut. “Wann ist denn Ihre Veranstaltung?” will der Pförtner wissen. “15 Uhr.” “Die Veranstaltung, für die der Parkplatz gesperrt wurde, beginnt erst um 17 Uhr. Ich darf Sie bitten, woanders zu parken.”
Witzigerweise war mein Ansprechpartner einen Tag zuvor am Empfang gewesen, um meinen Namen zu hinterlegen. Aber weder das noch die ganzen agilen Initiativen und Schulungen haben der Organisation geholfen, die Kultur wirklich zu verändern. Anhand der Verhaltensweise des Pförtners wird deutlich, welches Verhalten nach wie vor verstärkt wird: Regeltreue statt Eigenverantwortung.
Kultur ist kein Selbstzweck
Was eine Kultur leisten muss, leitet sich aus der Strategie des Unternehmens ab und den Rahmenbedingungen unter denen es erfolgreich sein muss. Insofern gibt es nicht die eine richtige Kultur. Jedes Unternehmen hat da seine ganz eigenen Ecken und Kanten. Aber eines ist für alle Unternehmen sicher: Auf kurz oder lang wird eine Organisation in Schieflage geraten, wenn der weiche Kram, die Stimmung, die Verhaltensweisen der Menschen nicht stimmen.
Die Mannschaft ist irgendwann nicht mehr mit vollem Herzblut bei der Sache — in der Folge sinken Produkt- und Servicequalität. Kunden werden unzufrieden. Ihre Leistungsträger ebenfalls. Beide wandern zum Wettbewerb ab. Umsätze sinken. Bald fehlt das Geld, um den Mitarbeitern etwas zu gönnen oder die notwendige Materialqualität einzukaufen. Ein Teufelskreis. Und nein, Sie haben dann kein Vertriebsproblem — sondern ein Kultur- und damit ein Führungsproblem!
Haben wir die falschen Manager?
Sie sollten also besser ein Auge auf den weichen Kram haben. Jedoch begegnen mir in den Führungsetagen häufig noch Menschen, die keinen Bock auf den weichen Kram haben: Manager. Sie tun das, was ein Manager machen soll: Zahlen managen. Der weiche Kram ist für sie ein nerviges Übel, was eigentlich niemand wirklich braucht. Diese Haltung kann sich ein Unternehmen solange leisten, bis sie zu Problemen führt.
Erfahrungsgemäß bekommen Sie die Kurve dann leider selten durch schnelle Hauruck-Aktionen. Klüger ist also, wir handeln präventiv. Dazu brauchen wir mehr Anführer in den Unternehmen. Menschen, die wissen, dass es nicht ausreicht, nur die Zahlen im Blick zu haben. Menschen, die verstanden haben, dass sie zusätzlich die Gefühle und Emotionen der Mitarbeiter in die richtige Richtung leiten müssen.
Doch solange wir in unserem mechanistischen Weltbild gefangen sind und meinen, Menschen ließen sich auf Ansage verändern; Führung ließe sich in einmalig zwei Tagen Seminar erlernen; werden uns in den Unternehmen immer wieder die gleichen Probleme begegnen.
Was zeichnet also gute Anführer aus? Schauen wir auf‘s Ende, nämlich die Wirkung, die sie erzielen. Schwache Anführer sorgen dafür, dass die Menschen in ihrem Umfeld kleiner und schwächer werden. Gute Anführer dafür, dass die Menschen, die sie führen, größer, stärker und mutiger werden.
Was erleben Sie in Ihrem Unternehmen?
Und noch viel wichtiger: Für welche Wirkung sorgen Sie als Führungskraft?
Ihnen hat der Text gefallen?
Mehr dazu, was moderne, starke Führungskräfte auszeichnet, finden Sie in meinem Buch «Führung stirbt nicht».
Weltmeisterlich führen
Der Wandel ist schnell und scharf. Führung ist gefragt. Aber was zeichnet gute Führung eigentlich aus? Darüber sprachen wir vor 160 Unternehmern und Führungskräften bei unserem ersten Vortragsabend im Kölner RheinEnergie-Stadion.
Weltmeisterlich führen
Am 08. August 2023 luden wir Unternehmer und Führungskräfte ins RheinEnergie-Stadion Köln zu einem Vortragsabend ein. Thema: Weltmeisterlich führen.
Kernfrage: Was zeichnet gute Führung aus?
Das Thema brennt den Führungskräften unter den Nägeln. Denn die Resonanz war mit über 160 Teilnehmern groß.
Dr. Werner Wolf, ehemaliger Top-Manager und aktuell Präsident des 1. FC Köln, sprach über die Besonderheiten, einen Bundesliga-Club zu führen. Führung findet hier in einem Spannungsdreieck statt:
Sportlicher Erfolg
Finanzieller Erfolg
Interessen einer sehr aufmerksamen Öffentlichkeit
Es reicht nicht, wenn nur eine Dimension erfolgreich ist. Es müssen alle drei stimmen. Auf dem Weg müssen dabei auch immer wieder schwierige Situationen gemanagt werden. Wolf stellte die Bedeutung von Kommunikation heraus. Es ist auch jenseits des Platzes spielentscheidend, mit den Menschen zu sprechen. Dabei darf sich ein Präsident nicht zu schade sein, selber zum Hörer zu greifen und mit Fans und andere Stakeholder auf einen gemeinsamen Kurs einzuschwören.
Dr. Werner Wolf
Dilar Kisikyol, Profiboxerin und amtierende Weltmeisterin im Leichtgewicht, richtete in ihrem Vortrag den Blick nach innen. Denn Führung beginnt immer bei Selbstführung.
Dabei ist es im Sport etwas einfacher als im Business. Denn beim Sport gibt es meist ein zeitlich begrenztes Highlight: sei es ein Bundesliga-Spiel oder eben ein Boxkampf. So können sich Sportler viel fokussierter auf einen solchen Termin vorbereiten. Die Betonung liegt auf Vorbereitung, denn ohne Anstrengung, Disziplin und das Verfolgen eines konsequenten Plans würde Erfolg zum Glücksspiel verfallen. Das Gegenteil ist der Fall: Es gehört viel Selbstführung dazu, von sich in der Vorbereitung alles abzuverlangen.
Die Selbstführung geht dann im Kampf weiter. Meditation hilft Kisikyol dabei, den Kopf ruhig zu bekommenen sich kurz vor dem Kampf auf das Wesentliche zu fokussieren. Während des Kampfes stehen ihr zwar ihr Trainer und Team in der Ecke zur Seite. Doch sie ist und bleibt im Ring auf sich allein gestellt. Auf Grund der hohen Geschwindigkeit des Boxens muss sie mit voller Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt bleiben.
Victoria Krewinkel, Dilar Kisikyol (von links)
Peter Holzer beendete den Vortragsabend mit seinem Vortrag “Führung stirbt nicht”. In den Unternehmen beobachtet er, dass es über die Jahre einen zunehmend intensiveren Kuschelkurs gab. Unternehmen versuchen, es jedem recht zu machen. Statt auf Spitzenleistung zu setzen, wurde an vielen Stellen der Maßstab gesenkt. Man konnte sich das leisten, denn die Konjunktur spülte sowieso jeden auf den Olymp des Erfolgs.
Doch der Wind dreht sich. Die vielen Krisen von Ukraine bis Inflation erschüttern nahezu alle Branchen. Erste Insolvenzen konfrontieren uns mit der harten Realität, dass Erfolg und Wohlstand nur gelingen, wenn wir Ergebnisse erzielen.
Getreu des Mottos “Führung stirbt nicht” ist gute Führung gefragt. Und die liegt im Wesentlichen darin, das Leistungslevel zu steigern. Dazu gehört offensichtlich, das Abliefern von Ergebnissen. Gleichzeitig und genauso wichtig ist, ein Gefühl der Zugehörigkeit für die Menschen zu schaffen. Denn nur wenn dieses spürbar ist, sind auf Dauer Spitzenleistungen möglich.
Der “weiche Kram”, die Unternehmenskultur, wird so zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Dabei geht es jedoch nicht darum, politisch korrekte Ponyhöfe zu gestalten, sondern eine Streitkultur zu leben, in der die Menschen offen ihre Ideen austauschen. Nicht damit das stärkste Ego gewinnt, sondern damit die beste Idee das Rennen macht.
Dazu reicht eigentlichen gesunder Menschenverstand. Doch in der Praxis braucht es gute Führung, damit Menschen in einer Art und Weise miteinander umgehen, auf die Erfolg nachhaltig möglich ist: hart in der Sache, fair zum Menschen.
Mythos Kundenzufriedenheit
Das Thema Kundenzufriedenheit hat es mittlerweile in die Vorstandsetagen geschafft. Entsprechend geben sich die Unternehmen viel Mühe: Von Kundenpersonas über Umfragen bis Net Promoter Score. Dabei ist Kundenzufriedenheit das falsche Ziel. Worauf es wirklich ankommt, hat eher was mit »weichem Kram« als mess- und skalierbaren Zahlen zu tun. Davor schrecken viele Top-Manager eher zurück. Das ist gut so. Denn dadurch ergeben sich für Sie großartige Chancen, um den Wettbewerb hinter sich zu lassen.
Mythos Kundenzufriedenheit — Wie Sie sich erfolgreich vom Wettbewerb absetzen.
Kundenzufriedenheit steht für viele Unternehmen mittlerweile im Fokus. In der Folge hat es der NPS (Net Promoter Score) bis in die Vorstandsetagen gebracht. Täglich werden Kunden nach ihrer Zufriedenheit befragt. Und dennoch gleicht Deutschland eher einer Servicewüste als einem Eldorado für ... ja, für was eigentlich?
Ein Eldorado für zufriedene Kunden kann nicht das Ziel sein. Stellen Sie sich vor, Ihr Lebenspartner fragt sie: »Wie findest Du unsere Beziehung?« Und Sie antworten: »Ich bin zufrieden.« Das wäre ein eher trauriger Zustand... Doch mein Eindruck ist, dass wir uns in Deutschland bereits damit abgefunden haben, dass Zufriedenheit genug ist.
Zufriedenheit ist bequem erreichbar. Lässt sich gut mit einer Vier-Tage-Woche, Teilzeitarbeit, Workations, Sabbaticals und der Rente mit 63 vereinbaren. Bloß nicht anstrengen, sondern lieber im Mittelmaß der Zufriedenheit davon ausgehen: Wir tun doch genug.
Kundenzufriedenheit ist das falsche Ziel
Auch wenn es normal zu sein scheint, dass sich zunehmend mehr Menschen mit der Haltung abfinden, Zufriedenheit und Mittelmaß seien »normal« — heißt das noch lange nicht, dass diese Haltung richtig ist.
Im Zeitalter eines schnellen und scharfen Wandels sollten Sie lieber anspruchsvoll sein. Präziser formuliert: Sie sollten freiwillig Ihren Anspruch heben, bevor der Wettbewerb Sie aus der Bahn drängt und Sie dann unter Handlungsdruck auf einmal ihren Anspruch heben müssen. Statt also darauf aus zu sein, Menschen zufrieden zu machen, könnte Ihr Anspruch lauten: Ich will, dass Du begeistert bist!
Um Menschen zu begeistern, reicht es nicht, wenn Sie lediglich Qualität abliefern. Sie müssen schon eine Schippe drauf legen, um auf der Welle zu surfen — und nicht unter sie zu geraten.
Zwar werden Themen wie Work-Life-Balance, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Diversity und New Work derzeit intensiv in unserer Arbeitswelt diskutiert. Sie haben jedoch alle eines gemeinsam: Sie sind nicht entscheidend, wenn es darum geht, Ihre Kunden zu begeistern.
Deutschland: Meister im Kunden-Vergraulen
Wie Kundenbegeisterung völlig schief gehen kann, erlebte ich, als ich kürzlich ein E-Mountainbike der Firma Simplon kaufte. Die Firma steht für High-Performance Fahrräder, handcrafted in Österreich. Sie versprechen High-End und Top-Qualität. Ob dieses Versprechen tatsächlich erfüllt wird, hängt aus Kundensicht jedoch nicht nur am Produkt an sich, sondern wird maßgeblich vom gesamten Kaufprozess beeinflusst.
Die Frage war: Bei welchem Händler kann ich das Bike kaufen? Im Internet entdeckte ich einen Fahrradladen, der durch gute Videos auf sich aufmerksam machte. Einziger Haken: Er war rund eine Stunde von meinem Wohnort entfernt.
Für Spitzenqualität bin ich bereit, auch durch die Gegend zu fahren. Also fuhr ich hin. Der Verkäufer nahm mit einem Zollstock Maß. Anhand meiner Daten suchte er den vermeintlich passenden Rahmen und konfigurierte das Bike auf der Website von Simplon. Wegen Corona gab es Lieferprobleme, also konnte ich das Fahrrad nicht Probefahren. Das sei jedoch kein Problem, da ich ja vermessen wurde und das Fahrrad super passen würde, versicherte mir der Verkäufer.
Als das Bike geliefert wurde, begann die Odyssee. Ich saß gefühlt wie ein Affe auf dem Schleifstein. Die Geometrie passte einfach nicht. Außerdem wurde ein Carbonriemen fehlerhaft vom Händler montiert. Im Ergebnis fuhr ich drei Mal in den Laden, investierte viele Stunden meiner Lebenszeit. Der Carbonriemen war am Ende zwar korrekt installiert. Zur Tatsache, dass ich nicht gut auf dem Fahrrad saß, meinte der Verkäufer jedoch nur verantwortungslos: »Da kann ich nichts mehr dran ändern.«
Mein Fahrerlebnis war einfach nur Mist. Ich war nicht zufrieden und erst recht nicht begeistert, sondern enttäuscht. Das hatte jedoch nichts mit dem Produkt zu tun. Sondern mit der Art und Weise, was der Händler an Service-Qualität ablieferte.
Bleiben Sie anspruchsvoll
Wer unzufrieden ist, hat zwei Möglichkeiten: Erstens, Maßstab senken und sich mit dem Status quo abfinden. Zweitens, daran arbeiten, dass die Situation besser wird. Mich damit abzufinden, dass ich nach zwei Stunden Biken mit Rückenschmerzen vom Rad steige, ist keine Option. Also versuchte ich es mit einem Bike-Fitting. Dort wurden die bestehenden Bauteile hier und da ein bisschen verschoben. Teile austauschen wollten die Profis jedoch nicht. »Dann müssten wir einen anderen Carbonlenker bestellen und montieren. Falls der aber nicht hilft, müsstest Du ihn trotzdem kaufen und behalten.«
Im Ergebnis war ich fast soweit, dass ich das Bike wieder verkaufen würde. Mir kam noch ein letzter Gedankenblitz: direkt bei Simplon anfragen. Vielleicht haben sie ja eine Idee, was man tun kann. Die Zentrale befindet sich in Österreich. Dort gibt es auch das Experience Center Hard. Das sind jedoch rund 600km von mir. Ich freundete mich schon mit dem Gedanken an, diese Tour auf mich zu nehmen, da entdeckte ich, dass es ein weiteres Experience Center in Holland gibt. Das sind nur 230km. Also schrieb ich eine eMail nach Holland.
Ein Mensch macht den Unterschied
Die Antwort kam noch am selben Tag. Jim Palm schrieb mir: Er kann mir gerne helfen. Garantieren könne er jedoch nichts. Wenn ich will, kann ich gerne vorbeikommen und dann sehen wir weiter. Ab jetzt nimmt meine Simplon-Erfahrung eine positive Wendung.
Ich rufe Jim an, um einen Termin abzustimmen. Frage ihn: Kannst Du bei Bedarf auch Bauteile wie Lenker oder Vorbau wechseln. Ja, kann er. Wie sieht es Freitag mit einem Treffen aus? Freitag - da hätte er eigentlich frei. Aber er nimmt sich gerne trotzdem die Zeit.
Wow — das beeindruckte mich.
Freitag um 11.00 Uhr treffen wir uns in Holland. Er begrüßt mich: »Erstmal einen Kaffee?« Wir sitzen, quatschen ein bisschen. Dann geht's ans Bike. Er vermisst meinen Körper mit einem 3D-Bodyscanner. Schnappt sich ein eMTB aus dem Laden, montiert einen anderen Lenker. »Wir probieren die Umstellungen erstmal an einem unserer Bikes, bevor wir uns an deinem zu schaffen machen. Fahr hiermit mal eine Runde und probier es aus.« Die Richtung der Veränderungen stimmt. Aber wir sind noch nicht am Ziel. Jim schnappt sich auch ein Bike. Fährt mit mir eine Runde, um zu sehen, wie ich auf dem MTB sitze.
Lange Rede, kurzer Sinn: Insgesamt vier Stunden verbringen Jim und ich zusammen. Im Ergebnis hat Jim meinem Bike einen neuen Lenker verpasst und ein paar Einstellungen vorgenommen. Jetzt fahre ich auf meinem MTB — und es einfach nur geil. Ich bin nicht zufrieden. Sondern absolut begeistert. Das Fahren macht voll Bock, Beschwerden habe ich auch nach mehreren Stunden Fahrt keine.
Meine Begeisterung entsteht nicht nur durch das Produkt. Sondern vor allem durch die Tatsache, wie sehr sich Jim bemüht hat, mir das Fahrgefühl zu ermöglichen, für das die Marke Simplon antritt.
Machen Sie Ihre Kunden sprachlos
Nachdem alles passte, sitzen Jim und ich wieder zusammen, trinken noch eine Tasse Kaffee. Wir plaudern über Simplon und welche Potenziale das Unternehmen noch alles heben kann. Dann frage ich ihn: »Was bekommst Du denn für Deine Hilfe heute?«
Jim schaut mich an, lächelt und sagt: »Nichts.«
Ich schaue überrascht zurück und frage: »Nichts? Damit fühle ich mich aber nicht gut.« Er erklärt mir: »Ich weiß schon, wann ich für meinen Service Geld nehmen muss. Bei Dir in diesem Fall nicht. Du hast selber viel Zeit und Energie investiert, um Dein Problem zu lösen. Und entscheidend für mich ist: Du hast nichts von mir erwartet, sondern lediglich gefragt, ob ich helfen kann. Für mich steht die Marke Simplon für absolute Spitzenqualität. Es tut mir im Herzen weh, dass jener Händler das nicht in dieser Form abgeliefert hat. Umso mehr freue ich mich, dass wir das nun wieder gerade biegen konnten. Außerdem war das Gespräch mit Dir cool und hat mir gefallen.«
So setzen Sie sich vom Wettbewerb ab
Alter Schwede. Das ist mal eine Haltung. Jim ist sozusagen Schuld daran, dass ich von Simplon begeistert bin. In meinen Projekten arbeite ich häufig mit den Unternehmern und ihren Führungsteams daran, wie wir Kunden begeistern können. Dabei orientiere ich mich an folgendem Konzept:
Magische Momente sind der neue Wettbewerbsvorteil.
Meine Kunden sind meist im hohen Qualitätsniveau unterwegs, liefern also Markenware — oft kombiniert mit Dienstleistungen. Doch das machen eben viele Unternehmen so. Kunden gewöhnen sich an dieses hohe Level und erwarten es zunehmend. Um jetzt Begeisterung auszulösen, müssen Sie die anfangs erwähnte Schippe drauf legen: Sorgen Sie für magische Momente.
Wie das gelingt, dafür gibt es keine Standard-Anleitung. Doch Sie können sich an einem Prinzip orientieren: High Tech needs High Touch. Je technischer unsere Umwelt wird, desto mehr sehnen sich Menschen nach menschlichen Erfahrungen. Solche magischen Momente können Sie nur schwer mit einem Algorithmus skalieren. Sie sind eher maßgeschneidert auf den jeweiligen Kunden und die jeweilige Situation.
So wie bei meiner Begegnung mit Jim. Das war »Gegenwart machen« pur. Und kann nur gelingen, wenn die richtige innere Haltung vorhanden ist. Wenn der Kunde das Herzblut spürt.
Insofern reicht es nicht, einfach nur Qualität im Sinne von guten Produkten oder Dienstleistungen abzuliefern. Qualität bedeutet: Das bekommen, was man erwartet. Qualität ist also normal und haut niemanden vom Hocker.
Streben Sie lieber nach Exzellenz. Suchen Sie dazu die Leute, die bereit sind, sich mit Herzblut zu engagieren. Die mehr wollen als nur Durchschnitt und Mittelmaß. Das fängt bei den richtigen Mitarbeitern an, geht über die richtigen Führungskräfte bis hin zur richtigen Unternehmenskultur. Es ist eben der »weiche Kram«, der die harten Fakten beeinflusst. Streben Sie also nicht nach Qualität, sondern nach Exzellenz.
Denn Exzellenz ist das, was entsteht, wenn Menschen sich wirklich kümmern.
Ihnen hat der Text gefallen?
Weitere Anregungen, wie Sie eine Unternehmenskultur schaffen, in der Menschen gerne Spitzenleistung bringen, finden Sie in meinem Buch »Führung stirbt nicht!«.
Reden ist noch lange kein Inhalt
Der Mensch ist Weltmeister im Dauer-Gesabbel. Überall, rund um die Uhr wird gesendet. Doch egal ob digital oder im persönlichen Gespräch: Reden ist noch lange kein Inhalt. Dabei können wir Erstaunliches von den Vögeln lernen.
Reden ist noch lange kein Inhalt
Meisterhaft getarnt: Die Amsel-Küken sind in der Palme kaum zu entdecken.
In unserem Garten nistet ein Amsel-Paar. Nach ein paar Tagen sind die Vogel-Babies geschlüpft und werden in bahnbrechendem Tempo immer größer. Hin und wieder schaue ich dem bunten Treiben mit dem Fernglas zu. Dabei habe ich etwas Lehrreiches entdeckt:
Die Baby-Vögel sind still.
Nur wenn Papa oder Mama mit Würmern im Nest landen, sind die Schnäbel sperrangelweit offen und es wird Lärm gemacht.
Kaum ist die Beute weggeputzt, ist es wieder: still!
Mehr Ruhe
Wie würde unsere Welt aussehen, wenn wir uns an diesem Verhalten der Amseln orientieren?
Mehr Stille.
Weniger Gelaber.
Mehr inhaltliche Substanz.
Weniger verletzende Verbalattacken — und vor allem weniger empfindliches „Ich fühle mich diskriminiert“-Gequietsche.
Wir wissen es eigentlich
In jeder Anfänger-Verkaufsschulung lernen Sie: weniger reden, mehr zuhören. Was ist eine gute Quote? Wenn Ihr Kunde 75% redet, und Sie nur 25%.
Oft haben wir auch gehört: Der Mensch hat zwei Ohren und nur einen Mund. Also auch hier die Empfehlung: mehr zuhören, weniger reden.
Und dennoch sieht die Praxis völlig anders aus:
Verkäufer quatschen dem Kunden ein Kotelett ans Ohr. Redeanteil des Verkäufers — wenn der Kunde Glück hat — 75%. Wenn er Pech hat, kommt der Kunde gar nicht mehr zu Wort. Sie kennen den Spruch: «Fachidiot schlägt Kunde tot.»
In Besprechungen wird viel geredet. Vor allem um den heißen Brei. Und genauso viel, um das Spiel von Status, Macht und Dominanz zu gewinnen. Es fehlt leider allzu oft an Klartext, Ehrlichkeit und echter Empathie. Auch wenn die Bekundungen der New-Work-Bewegung zumindest öffentlich predigen, dass die Arbeitswelt menschlicher werden muss, haben wir kommunikativ nach wie vor große Baustellen in den Unternehmen.
Privat verkommt manch einer zum emotionalen Mülleimer, bei dem die anderen ihre Sorgen, Geschichten und sonstigen Ballast abwerfen. Prüfen Sie es doch gleich mal: Wie viele Ihrer privaten Kontakte interessieren sich wirklich auch für Ihre Themen und Befindlichkeiten? Heißt: Stellen Ihnen Fragen — und hören Ihnen zu?
Wir wissen es besser und machen es trotzdem falsch.
Klarheit gibt Power
In allen Fällen wird Ihnen helfen, wenn Sie für sich Klarheit finden. Sie brauchen Ihren Horizont: Was ist Ihnen wirklich wichtig? Was wollen Sie bewirken? Welche Menschen wollen Sie in Ihrer Nähe haben? Wollen Sie dem Zeitgeist folgen — oder lieber den Zeitgeist formen?
Ich habe mich entschieden, lieber zu formen als zu folgen. Dazu braucht es den Mut zur Haltung. Und der fordert seinen Preis: nämlich, dass Sie hier und da anecken. Passen Sie dabei auf, dass Sie nicht in eine Schlangengrube fallen. Denn die selbsternannten Moral-Aposteln warten bereits darauf, Sie zu ächten.
Also: Choose your Battles. Machen Sie den Mund dort auf, wo es Ihnen wichtig ist. Und in allen anderen Situationen denken Sie daran: Leben und leben lassen. Nehmen Sie sich Shakespeare zu Herzen: «Ich sage wenig, denke desto mehr.»
Statt Zeit und Energie zu verschwenden, sagen Sie einfach gar nichts — und genießen Sie die Stille.
Unternehmen sind infiziert vom Gemocht-werden-wollen-Virus
Zwar laufen überall in den Unternehmen bunte Kampagnen mit Bekennungen zu Diversity. Doch ich bekomme immer wieder mit: Genau das verschärft die Sorge, etwas “falsch” zu machen. Statt echter Streitkultur - hart in der Sache, fair zum Menschen - breitet sich nach wie vor der Gemocht-Werden-Wollen-Virus aus. Es wird Zeit, das versteckte Potenzial zu heben. Vor allen Dingen mit Blick auf die großen Herausforderungen, die auf uns zukommen.
Unternehmen sind infiziert vom Gemocht-werden-wollen-Virus
Politiker beherrschen die hohe Kunst, Fragen zu beantworten, ohne konkrete Inhalte zu liefern. Das müssen sie auch: Denn Kameras halten jedes ihrer Wort fest. Und wenn nur ein «falsches» Wort dabei ist, fühlt sich sofort jemand diskriminiert und der gesellschaftliche, dauer-erregte Mob ist «entsetzt». Schnell droht ein Shitstorm, den guten Ruf und damit die Wählergunst zu gefährden. Wer heikle Missstände kririsiert, Klartext redet, wird heutzutage viel zu schnell schnell geächtet und in radikale Ecken gepresst.
Ähnlich bizarr geht es mittlerweile in einigen Unternehmen zu. Zwar laufen überall bunte Kampagnen mit Bekennungen zu Diversity. Doch ich bekomme immer wieder mit: Genau das verschärft die Sorge der Menschen, jemandem auf den Schlips zu treten. Was darf man sagen? Und wer entscheidet das überhaupt? Halten wir es miteinander noch aus, wenn wir unterschiedliche Standpunkte haben — oder verweigern wir dann jeden weiteren Kontakt?
Worte siNd nicht überall frei
Audi wollte durch ein internes Schriftstück mit dem Titel «Vorsprung beginnt im Kopf» besonders vorsichtig — oder respektvoll, progressiv, trendy? — sein. In dem Text wird den Mitarbeitern nahe gelegt, gendersensible Sprache zu verwenden. Aus Mitarbeitern werden «Audianer_innen», die Ansprache in Massenmails lautet «Mitarbeiter_in». Interne Arbeitsanweisungen beinhalten Formulierungen wie: «Der_die BSM-Expertin ist qualifizierte_r Fachexpert_in». Es scheint so, als wäre die Form auf einmal wichtiger als der Inhalt.
Um es auf den Punkt zu bringen: Ich bin für gleiche Rechte für alle. Punkt. Unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht und was es sonst noch so gibt. Und natürlich muss gleiche Arbeit (oder präziser: gleiche Leistung) auch gleich bezahlt werden. Alles andere wäre absurd. Aber all das ist kein Grund dafür, unsere Sprache unnötig zu verkomplizieren.
Ich habe mich deswegen für Pragmatismus entschieden: Texte in solchen, den Inhalt verkomplizierenden Schriftformen lese ich einfach nicht mehr. Von begeisterten Audi-Fans weiß ich, dass sie auf Grund dieses übergriffigen, sprachmoralisierenden Verhaltens schweren Herzens die Automarke gewechselt haben. Ein VW-Mitarbeiter zieht sogar gegen die Sprachvorgaben vor Gericht. Mutig von dem Herrn. Denn Mund aufmachen und Haltung zeigen sind eher selten ausgeprägte Verhaltensweisen in Unternehmen. Aber warum?
Sehnsucht nach Nestwärme
Eines haben wir alle gemeinsam: Das Bedürfnis, dazuzugehören. Das wurde uns während unserer 300.000 Jahre währenden Menschheitsgeschichte in die Gene gehämmert. Jeden Tag ging es um Leben und Tod. Nur wenn wir Mitglied eines Clans waren, hatten wir als Individuum eine Chance, in der Wildnis zu überleben. Anders formuliert: Wer aus dem Clan verstoßen wurde, stirbt.
Auch in der Wildnis der modernen Arbeitswelt spielt das Bedürfnis nach Zugehörigkeit immer noch eine große Rolle. Vielleicht wird es sogar immer wichtiger, da viele Menschen immer weniger Nestwärme in ihrem (privaten) Leben verspüren?
Familien zerbröseln zu kleinen Fragmenten. Manches Ehepaar gleicht eher Freunden, die im gleichen Haus wohnen. Selbst innerhalb der Kernfamilie kämpfen manche Väter und Mütter gegeneinander um Emanzipation, anstatt sich als Einheit zu verstehen. Wenn beide Eltern nach einem anspruchsvollen Arbeitstag abends erschöpft aufs Sofa fallen, ist weder Zeit noch Energie für die Kinder da. Zum Glück kann man sie mit der Playstation ruhig stellen — oder sie gleich zur Nanny oder ins Internat abschieben. Parallel wächst die Zahl der Single-Haushalte. Zwar scheinen viele das Single-Leben freiwillig und gerne zu wählen. Doch Fakt ist: Auf Dauer wartet abends nicht die gesellige Familie am Esstisch, sondern die einsame Kälte in der Wohnung.
Auch die Bedeutung von Religion und der Zusammenhalt in einer Glaubensgemeinschaft nehmen in unserer Gesellschaft zunehmend ab. Die Corona-Pandemie leistete dann durch das Verbot und die Vermeidung echter Begegnungen ihren Beitrag zur zunehmenden Entfremdung. Zwar sammelt man auf Facebook «Freunde»; doch auch wenn Sie davon Tausende haben, tragen diese noch lange nicht dazu bei, dass Sie sich zugehörig fühlen. Im Gegenteil: Teenager werden depressiv, wenn Sie ein paar Hundert weniger «Freunde» oder Likes bekommen als ihre Peer-Group. Nur der Fußball scheint nach wie vor als zweite Heimat immer noch zu funktionieren — und das Gefühl der Zugehörigkeit zu vermitteln ;-)
Wie viel Ehrlichkeit ist gewünscht?
Bei all diesen sozialen Strömungen ist es also nicht verwunderlich, dass für einige Menschen das berufliche Umfeld zur Ersatzfamilie geworden ist. Es wäre demnach «lebensgefährlich», aus diesem Clan verstoßen zu werden.
Zwar loben einige Menschen die offene Diskussionskultur in ihren Firmen. Doch hinter vorgehaltener Hand weiß jeder: Wenn Du das Falsche zur richtigen Person sagst, bekommst Du zwar mit einem netten Lächeln gesagt: «Vielen Dank für Ihre Meinung». Faktisch endet Deine Karriere trotzdem von nun an in einer Sackgasse. Diversity heißt eben noch lange nicht, dass auch wirklich alle Meinungen ausgehalten werden. Mal sehen, wie es für den Herrn ausgeht, der die Gendersprache bei Audi nicht mitmachen will.
Und so verbreitet sich — wider aller öffentlichen Bekundungen — in vielen Unternehmen immer noch das Gemocht-Werden-Wollen-Virus. Die Symptome: politisch korrekter Weichspüler, Wokeness, Cancel-Culture.
Gelebte Toleranz für vermeintliche Minderheiten reicht nicht mehr aus. Wenn Sie als Person im Unternehmen überleben wollen, müssen Sie jede Ausprägung von Individualität aktiv öffentlich unterstützen — und vor allem auch gut heißen.
Beispiel: In der Vergangenheit reichte es aus, wenn es Ihnen schlichtweg egal ist, welche sexuelle Orientierung Ihr Gegenüber hat — und Ihnen inhaltliche Zusammenarbeit wichtiger als die erotischen Vorlieben Ihrer Kollegen ist. Heute müssen Sie sich öffentlich bekennen: «Ich finde trans / schwul / … sein super.» — sofern Sie keine sozialen Sanktionen abbekommen wollen.
Akzeptanz ist für manche, die sich dem zwangsverordneten Umbauen unserer Gesellschaft verschrieben haben, einfach zu wenig. Aber soll verordnetes, missionarisches Zwangsbekenntnis der neue Standard werden? Alles für ein vermeintlich friedvolles, respektvolles Miteinander? In den Unternehmen erzählen die Menschen dann stolz von Ihrem Arbeitgeber: «Wir sind wie eine Familie». Ein gefährlicher Irrtum.
Unternehmen sind keine Familien, sondern Zweckgemeinschaften
Lassen Sie es mich klar formulieren: Unternehmen sind keine Familie. Es sind professionelle Zweckgemeinschaften mit dem Ziel, einen unternehmerischen Nutzen zu stiften. Heißt: Für Probleme Lösungen zu finden. Dazu entwickeln sie Produkte und Dienstleistungen, um damit Geld zu verdienen.
Nur weil einige Unternehmen die Sinn-Leere der Menschen versuchen zu füllen, indem sie einen «Purpose» versprechen, heißt nicht, dass das Unternehmen eine Familie für die Angestellten wird.
Der Grund ist einfach: Familienmitglieder können Sie nicht rausschmeißen. Mitarbeiter schon. Und das sollten Sie auch, wenn die Leistung auf Dauer nicht stimmt. Denn darauf kommt es am Ende des Tages an.
Arbeit ist eine Tätigkeit, mit der Sie für Ergebnisse sorgen. Punkt. Wer das auf Dauer nicht bringen kann, hat in dem Unternehmen nichts mehr verloren. Klingt hart. Ist aber so.
Was passiert dann, wenn Sie sich so sehr emotional an Ihre «Ersatz-Familie» klammern und das Unternehmen Ihnen kündigt? Dazu müssen Sie ja noch nicht mal Mist gebaut haben. Es reicht, wenn die Firma plötzlich eine wirtschaftlich schwere Zeit durchmacht. Dann verlieren Sie nicht nur Ihren Job, sondern zusätzlich Ihre gefühlte Familie. Emotional weiß jeder: Einen neuen Job kann man schnell finden. Eine neue Familie nicht so ohne Weiteres.
Trennen Sie Ihren persönlich-privaten Kern lieber von der beruflichen Welt. Natürlich können Sie in der Firma «familiär» miteinander umgehen. Sollten Sie vielleicht sogar. Aber halten Sie dennoch die notwendige Distanz und professionelle Nähe, um Klartext miteinander reden zu können.
Konflikte zwischen Menschen sind per se anspruchsvoll. Aus der Erfahrung mit vielen mittelständischen Familienunternehmen weiß ich, dass aus einem heiklen Terrain plötzlich eine «no-go Area» wird, sobald der Gegenüber nicht nur «jemand» ist, sondern «jemand aus der Familie». Wozu sollten Sie es sich also unnötig schwer machen, und Menschen als Familie bezeichnen, die einfach nur Kollegen sind?
Alles, was Sie nicht aussprechen, werden Sie ausleben
Ich denke, Streitkultur ist essenziell, wenn Sie Ihre Zukunftsfähigkeit sichern wollen. Denn wenn Sie die heiklen Themen nicht aussprechen, können Sie sie auch nicht lösen. Und noch viel schlimmer: Alles, was Sie nicht aussprechen, werden Sie ausleben.
Das Verhalten Ihrer Kollegin nervt Sie — aber Sie sprechen sie nicht darauf an? Schon bald werden Sie nicht mehr so hilfsbereit sein. Vielleicht schnippig reagieren, wenn sie etwas fragt. Oder gar in passiven Widerstand verfallen oder sie ins offene Messer laufen lassen, sobald sich eine intelligente Gelegenheit dazu ergibt.
Merken Sie sich: Sie können Personalthemen nicht aussitzen. Sie müssen Sie anpacken und zur Lösung treiben. Sonst verselbstständigt sich die negative Energie. Kein guter Plan.
Meinung sagen heißt: Streitkultur
Am besten fangen Sie gar nicht erst an, in das weichgespülte Geschwurbel des aktuellen Zeitgeists einzustimmen. Entscheiden Sie sich lieber für: hart in der Sache, fair zum Menschen.
Diskutieren, debattieren, austauschen — alles die falschen Begriffe. Lernen Sie, mit den Menschen in Ihrem Umfeld zu streiten.
Sie werden erleben: Die meisten Menschen verbinden mit Streit etwas Negatives. In der Folge wollen sie sich auch gar nicht streiten. Doch das ist falsch. Denn ein Streit ist nichts anderes als eine offen ausgetragene Meinungsverschiedenheit.
Wenn Ihnen «Streit» zu hart ist, nennen Sie es von mir aus Streit-Kultur. Kultur beinhaltet, dass der Streit nach gewissen Spielregeln abläuft. Für mich gehört dazu die oben genannte Essenz: Hart in der Sache, fair zum Menschen.
Manche meiner Kunden machen dann daraus vorsichtig eine respektvolle Streitkultur. Daran sehen Sie: Wir haben noch viel zu lernen auf unserem Weg in eine gute zwischenmenschliche — und gleichzeitig leistungsorientierte Zukunft der Arbeit. Am besten fangen wir dazu mit den Basics an: Weniger empfindlich werden — und gleichzeitig empfindsam bleiben.
IHNEN HAT DER TEXT GEFALLEN?
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Das Märchen der Karriere in Teilzeit
In unserer dekadenten Wohlstandsgesellschaft gehört es zum guten Ton, Ansprüche zu formulieren. Status, Macht, Verantwortung, Prestige und höheres Gehalt: her damit! Nur den Preis will anscheinend niemand mehr zahlen. Statt Anstrengungs- und Leistungsbereitschaft zu fördern, bauen wir Unternehmen zu Wellness-Oasen um. Ein gefährlicher Trend, dem Sie entgegen wirken sollten — wenn Sie langfristig überleben wollen.
Das Märchen der Karriere in Teilzeit
In unserer dekadenten Wohlstandsgesellschaft gehört es zum guten Ton, Ansprüche zu formulieren. Sie brauchen nur lange genug nachdenken, dann werden auch Sie einen Grund finden, warum Sie sich diskriminiert und benachteiligt fühlen — und das Leben einfach unfair ist.
Es muss doch bitte möglich sein, ein perfektes Leben zu leben — ohne sich dafür krumm zu machen. Hier mal ein aktueller Wunschzettel aus dem 21. Jahrhundert:
Partnerschaft… in Teilzeit — die natürlich erfüllend, warmherzig und tiefgründig ist.
Kinder… in Teilzeit — die sich natürlich durch optimierte Erziehungsmethoden prächtig zu selbständigen, erfolgreichen und glücklichen Erwachsenen entwickeln und natürlich „best friends“ mit den Eltern sind.
Qualitätszeit für Sie selbst… in Teilzeit — ausreichend Freiraum für Urlaube, Hobbies, Familie, Freunde, Sabbaticals und Selbstverwirklichung.
Karriere… in Teilzeit — Anspruch auf Führungspositionen, Verantwortung und Prestige, aber bitte nur bei maximal 30 Stunden in der Woche. Überstunden sind selbstredend nicht erwüscht.
Und all das soll natürlich auch noch fürstlich bezahlt werden: mindestens 100.000 Euro pro Jahr, Firmenwagen, private Krankenversicherung, Einrichtung des Home-Office, bezahlte Kinderbetreuung, …
Diese Ansprüche sind modern — und machen mit Blick auf die begrenzte Lebenszeit auch Sinn. Aber dennoch: Etwas ist faul an dieser Forderung.
Wohlstand fällt nicht vom Himmel
Wohlstand mussten sich unsere Eltern und Großeltern durch harte Arbeit verdienen. Wir scheinen zu vergessen, dass es ebenfalls harte Arbeit braucht, um unseren Wohlstand zu erhalten.
Jeder Athlet weiß, dass er hart arbeiten muss, um auf dem Olymp seiner Disziplin anzukommen — und dort zu bleiben. Man munkelt über Michael Jordan, dass er nach einem Spiel die Aufzeichnung analysierte, während seine Mitstreiter bereits ihren Feierabend genossen. Gleiches soll für Ronaldo gelten: Er war bereits im Fitnessstudio, wenn die anderen erst zum Training erschienen. «Training mit Ronaldo war wie ein Krieg», berichtet der ehemalige Kollege Dimitar Berbatow über ihn.
Selbstredend gehören zu Spitzenleistung auch Pausen. Ronaldo soll sogar seinen Schlaf planen und als Teil seines Trainings verstehen. Doch eines bleibt im Kern bestehen: Wer erfolgreich sein will, muss Verantwortung übernehmen.
Büros verkommen zu Wellness-Oasen — während der scharfe Wettbewerb lauert
Nur in der Wirtschaft breitet sich der Irrglaube aus, dass Spitzenleistung möglich sei, obwohl wir unsere Leistungs- und Anstrengungsbereitschaft senken.
Diese mentale Haltung hat mittlerweile auch die Führungs- und Vorstandsetagen erreicht. Vorstände taten sich in der Initiative «Stay on Board» zusammen, um das Aktiengesetz zu ändern. So können mittlerweile auch Vorstände eine bis zu 6-monatige Auszeit nehmen, wenn privat-persönliche Themen wichtiger erscheinen als die Verantwortung für den Firmen-Clan.
Und so stimmen immer mehr Unternehmen in den Ringeltanz mit Anfassen ein: stellen Kicker auf, bieten Yoga-Kurse an, organisieren Rafting-Touren für den Team-Spirit, ermöglichen flexibelste Arbeitszeitmodelle, um Sabbatical und «arbeiten von wo Du willst» zu ermöglichen.
Und wenn es immer noch nicht genug ist, wechseln die Mitarbeiter in einer Branche einfach den Arbeitgeber. Manche Branchen fahren mittlerweile Karussell: Firmen stellen 20% neuen Mitarbeiter ein; verlieren im gleichen Jahr jedoch auch 20% der Crew. Im Ergebnis sind es genauso viele Mitarbeiter wie vorher. Einziger Unterschied: Sie müssen alle eingearbeitet werden — und die Gehälter sind um 30.000 Euro p.a. gestiegen.
Ich höre von Führungskräften wie Mitarbeitern ständig die Klagen über unproduktive Meetings, da Menschen nicht vorbereitet erscheinen. Es sitzen teilweise sogar Kollegen drin, die zum Inhalt gar nichts beitragen können, sich dann aber durch zeitraubende Phrasendrescherei profilieren. Es werden sinnlose Projekte angeschoben und wertvolle Zeit mit nebensächlichen Tätigkeiten verschwendet.
Zukunft der Arbeit
Die geschilderten Probleme lösen wir jedoch nicht dadurch, dass wir weniger oder in Teilzeit arbeiten. Im Gegenteil: Wir müssen härter arbeiten. Härter im Sinne von fokussierter, engagierter. Fordernder, Themen in Frage zu stellen und uns auf das fokussieren, was Sinn macht.
Keine Frage: Arbeit muss gleichzeitig auch menschlicher werden. Es kann nicht sein, dass Menschen sich förmlich kaputt arbeiten. Weder mental, noch körperlich. Das müssen wir besser hinbekommen.
Die Lösung ist jedoch nicht, an den Symptomen rumzudoktern. Klüger wäre, die Arbeit so zu verändern, dass sie nicht unangenehm erschöpft und krank macht. Sorgen Sie lieber für eine Arbeitskultur, in der wir abends angenehm erschöpft aufs Sofa fallen.
Führung ist gefragt: Wie wollen wir arbeiten, so dass wir Spitzenleistung bringen, ohne uns zu verheizen?
Was soll dazu auch die Alternative sein? Mittelmaß anstreben? Wenn Sie wirklich in der Hängematte Mittelmaß liegen wollen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Sie vom scharfen Wettbewerb aufgefressen werden.
Sorgen Sie stattdessen für ein Umfeld, in dem Menschen Bock haben, sich anzustrengen. Spitzenleistung bringen. Auch mit virtuellen Teams, deren Mitglieder quer durch Europa verteilt sind.
Dazu braucht es aus meiner Erfahrung nicht die neuesten Führungs-Modelle, sondern vor allem die Basics. Zum Beispiel verbindlich und verlässlich miteinander umgehen. Eine konstruktive Streitkultur leben. Oder die Fähigkeit, hart im Sinne von wirkungsvoll zu arbeiten — um nicht viele Stunden mit unnützen Meetings und ähnlichem zu vergeuden.
Daran arbeite ich mit meinen Kunden — und ja: Das ist verdammt anspruchsvoll. Aber es ist möglich. Und es lohnt sich! Denn wenn dann Erfolge sichtbar werden, kommt die Erfüllung bei den Menschen von ganz alleine.
Dazu müssen wir in Deutschland nur noch lernen, unsere Erfolge etwas selbstbewusster zu feiern. Aber das ist eine andere Baustelle ;-)
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Was will ich?
Jeder von uns muss Entscheidungen in seinem Leben treffen. Dabei haben wir oft die Wahl. Und es stellt sich die Frage: «Was will ich denn überhaupt?» Eine auf den ersten Blick einfache Frage, die aber gar nicht so einfach zu beantworten ist. Besonders brisant wird sie, wenn ein Familienunternehmen den Generationswechsel anstrebt und die junge Generation sich dieser Frage stellen muss.
Was will ich? Eine besondere Form der Verantwortung.
Jeder von uns muss Entscheidungen in seinem Leben treffen. Dabei haben wir oft die Wahl. Und es stellt sich die Frage: «Was will ich denn überhaupt?» Eine auf den ersten Blick einfache Frage, die aber gar nicht so einfach zu beantworten ist. Besonders brisant wird sie, wenn ein Familienunternehmen den Generationswechsel anstrebt und die junge Generation sich dieser Frage stellen muss.
In vielen Fällen sind diese Menschen finanziell frei. Müssten also in ihrem Leben nicht mehr arbeiten, um das Brot Zuhause auf den Tisch zu stellen. Umso mehr drängt sich die Frage auf: «Was will ich eigentlich wirklich?»
Ein Unternehmen und ein Vermögen zu erben, ist ein Geschenk des Zufalls. Doch Eigentum verpflichtet. Gibt es vielleicht ein Pflichtbewusstsein, für das Familienunternehmen arbeiten zu «müssen», da alles andere einem Verrat gleichkäme? Was ist, wenn man die Unternehmensleitung in fremde Hände gibt und sich das als Fehler herausstellt? Was, wenn man selber die Verantwortung trägt und das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten führt? Und überhaupt: Was denken meine Eltern über mich, wenn ich mir solche Fragen stelle?
Doch lassen Sie sich von Zweifeln wie diesen nicht aufhalten. Übernehmen Sie Verantwortung und sorgen Sie für Klarheit und Sinn in Ihrem Leben. Denn wenn Sie es nicht tun, laufen Sie den Erwartungen anderer hinterher. Und das ist mit Sicherheit die Abkürzung ins Un-Glück.
«Was will ich eigentlich wirklich?» bietet Ihnen gleich mehrere Ebenen, auf denen Sie Ihrer Lebens-Verantwortung gerecht werden können.
1.) Was will ich eigentlich wirklich?
Egoismus gilt als verpönt. Doch lassen Sie sich davon nicht beirren. Denn ein gesunder Egoismus ist notwendig, wenn Sie selbstbestimmt leben wollen. Selbstbestimmung setzt voraus, dass Sie sich selbst in den Mittelpunkt stellen.
Das bedeutet ja nicht, dass Sie dabei nicht an andere denken. Im Gegenteil: Wenn Sie sich die Frage stellen, womit Sie Ihre Lebenszeit sinnvoll verbringen wollen — macht es vielleicht gerade Sinn, darüber nachzudenken, welche guten Spuren Sie bei anderen hinterlassen wollen. Der gesunde Egoismus führt Sie so automatisch auf einen sinnvollen Weg, der auch gut für andere ist.
Wenn dagegen nicht Sie selbst, sondern nur die Interessen und Erwartungen anderer im Mittelpunkt stehen, ist die Gefahr groß, dass Sie sich verbiegen. Ehepartner, Kinder, Eltern, Verwandte, Freunde, Nachbarn, Gesellschaft, … alle wollen etwas von Ihnen. Entspannen Sie sich: Recht machen können Sie es nie allen. Heißt: Die Menschen zerreißen sich sowieso ihr Mundwerk über Sie. Lassen Sie die Leute also reden. Und kümmern Sie sich weiter um Ihre selbstbestimmte Klarheit.
2.) Was will ich eigentlich wirklich?
Die meisten Menschen auf der Erde sind in den festen Händen von Gesellschaft und Lebensumständen, in die sie hineingeboren wurden.
Wenn Sie in den Slums einer Millionenmetropole in Armut jeden Tag ums Überleben kämpfen, werden Sie wahrscheinlich eher nicht an einer schicken Uni studieren oder sich bei einem Latte Macchiato mit Hafermilch darüber den Kopf zerbrechen, wie Diversität und Umweltschutz in einer postmodernen Gesellschaft gelingen.
Der freie Wille ist also auch ein Produkt der Umstände und Notwendigkeiten, die Ihr Leben prägen. Ihn zu finden, ist jedes Mal eine Herausforderung.
Befehl und Gehorsam
Ein Student hat eines meiner Bücher gelesen und sendet mir eine Initiativbewerbung für ein Praktikum. Ich suche zwar aktuell niemanden für unser Team, aber mir gefällt, was er mir geschrieben hat. Also verabreden wir uns zum Telefonieren.
«Jetzt wissen Sie also, wo wir hinwollen. Wir sind ein kleines, effizientes Büro-Team. Hier liegt keine Arbeit rum, die wir Ihnen geben können. Aber wenn Sie mir sagen, welche Ideen Sie haben, um mich auf unserer Reise zu unterstützen, können wir dazu gerne ein Praktikum bauen.»
Der Student antwortet: «Das ist aber ganz schön schwer, die eigene Arbeit zu erfinden. Normalerweise bekomme ich in den Unternehmen gesagt, was ich tun soll.«
Wer will schon in einer Welt leben, die geprägt ist von Befehl und Gehorsam? Die Alternative dazu lautet: selber denken. Und warum sollte es Ihnen einfacher fallen als dem Studenten, herauszufinden, was Sie wollen oder tun sollen?
Klarheit fällt nicht vom Himmel. Sie müssen schon etwas dafür tun, um sie zu finden: Zeit nehmen. Nachdenken. Sich geistige Reibungsfläche suchen. Persönlich und gedanklich reifen. Den Mut haben, sich selbst zu begegnen.
3.) Was will ich eigentlich wirklich?
Wir erleben zunehmend eine Sinn-Leere. Im Lärm einer dauerempörten Gesellschaft wird es immer schwieriger, die eigenen Antworten zu finden: Wo will ich hin?
Schnell kleben fremde Anhaftungen an Ihnen. Sie übernehmen fremdes Gedankengut. Meinungen. Haltungen. Ohne zu überprüfen, ob diese Ihnen auch wirklich entsprechen.
Einfaches Beispiel: Gendersprache. Eine lautstarke Minderheit hat sich auf einen moralisierenden Kreuzzug gemacht, der Gesellschaft vorzuschreiben, wie Sprache zu verwenden sei. Dass die Mehrheit jene Gendersprache ablehnt, interessiert nicht. Unternehmen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk und zunehmend sogar staatliche Institutionen stimmen trotzdem in die politisierte Verkomplizierung unserer Sprache ein. Aber die breite Masse bleibt still. Statt den Mut zur Haltung zu zeigen, lassen sich Einzelne sogar zu etwas anstiften, was sie eigentlich gar nicht machen wollen.
Wir sind das Produkt von Gesellschaft und Lebensumständen. Übernehmen geistige Haltungen, Wertvorstellungen und Meinungen von den Menschen, die uns prägen — anstatt auf unsere eigene, innere Stimme zu hören.
Sie können sich das vorstellen wie eine Flasche Wasser. Das Wasser ist Ihre innere Stimme. Außen auf die Flasche werden Aufkleber geklebt. Das sind die Prägungen Ihres Umfelds. Anhaftungen. Sie trüben Ihren klaren, reinen Blick nach draußen in die Welt. Die Herausforderung ist: Schnell nehmen wir die Sicht durch die Anhaftungen als unsere eigene Perspektive wahr — anstatt zu lernen, die Anhaftungen loszuwerden und die Klarheit des Wassers als unsere eigene Haltung kennenzulernen.
Um der Sinn-Leere zu entkommen, werden Sie natürlich keine «einzig wahre» Wahrheit finden. Sie können sich nur entscheiden: entweder fremde subjektive Wahrheit — oder Ihre eigene subjektive Wahrheit. In letzterem Fall müssen Sie dazu die Anhaftungen abziehen.
Ihnen bleibt also nur die Eigenverantwortung, um zu entdecken, was Sie wirklich wollen. Finden oder formen Sie Ihre eigene Sinn-Lehre, mit der Sie lernen, Ihrem Leben die Bedeutung zu geben, die Sie sich wünschen. Bleiben Sie dabei offen, damit Sie nicht fanatisch an Ihren Standpunkten kleben bleiben. Das Leben ist und bleibt ein Weg des Lernens und Hinterfragens.
Wie Ihr weiterer Weg dann aussieht — im oder außerhalb des Familienunternehmens, in welcher Rolle, für welches große Thema, mit welchen Verbündeten — wird sich zeigen, wenn Sie aufbrechen. Gehen Sie einen Schritt nach dem anderen. Doch am Anfang steht erstmal Ihre Klarheit. Denn Klarheit gibt Kraft! Und die werden Sie immer wieder brauchen, um den Herausforderungen des selbstbestimmten Lebens zu begegnen.
Das ABC des Unternehmenssterbens
Viel zu oft manövrieren sich Unternehmen selbstverschuldet in Probleme. In der Praxis erlebe ich vor allen Dingen drei Verhaltensweisen, die gefährlich werden können: Das ABC des Unternehmenssterbens.
Das ABC des Unternehmenssterbens
Führungsfähigkeit zeigt sich nicht, wenn die Konjunktur sowieso jeden auf den Olymp des Erfolgs spült. Sie zeigt sich, wenn es schwierig wird. Manchmal passiert das durch den plötzlichen Wandel der Umstände. Doch viel zu oft manövrieren sich die Unternehmen selbstverschuldet in Probleme. In der Praxis erlebe ich vor allen Dingen drei Verhaltensweisen, die gefährlich werden können: Das ABC des Unternehmenssterbens.
Arroganz
Wenn man sich zu Beginn noch die Fingernägel blutig kratzen muss, um erste Kunden zu gewinnen, sind Demut und Dankbarkeit an der Tagesordnung. Doch mit zunehmendem Erfolg kann genau dieser den Menschen in den Kopf steigen.
Vor einigen Jahren war ich auf der Suche nach einem neuen Auto. Ich war offen, meine Treue zu den Bayern aufzugeben und zum Wettbewerber aus Ingolstadt zu wechseln. Also fahre ich zu einem großen Mehrmarken-Händler und treffe auf eine Baustelle. Es wird umgebaut und modernisiert. Die Halle der Ingolstädter ist leer. Also gehe ich in das Gebäude der noblen Sportwagen. Dort treffe auf einen Verkäufer und spreche ihn an: «Guten Tag. Die Halle nebenan ist leer. Wo finde ich denn die Audis.» Er schaut mich nur verdutzt an und antwortet nach einer Kunstpause herablassend: «Sie sind hier bei Porsche!»
Solche arroganten Begegnungen sind nicht wirklich hilfreich, um neue Kunden zu gewinnen. Ärgerlich für den Hersteller, dass es nicht mal ein Mitarbeiter des eigenen Hauses war, sondern der eines Händlers. Es nutzt das ganze Marketing nichts: Am Ende wird eine Marke im persönlichen Erleben für den Kunden greifbar. Ich bin zwar nach wie vor Porsche-Fan. Aber kein Kunde jenes Autohauses geworden.
Was bedeutet nun Arroganz? Hier ist meine Definition:
Arroganz ist eine Überlegenheitshaltung, die in anmaßender Weise genüsslich ihre (vermeintlich) besseren Einflüsse oder Fähigkeiten zeigt.
Bürokratie
In der Gründungs- und Wachstumsphase eines Unternehmens herrscht ein besonderer Geist. Alle brennen für die Vision. Packen mit Herzblut an. Übernehmen Verantwortung. Jeder kennt jeden. Und es wird zwischen Pizza und Kundenterminen auf kurzem Weg entschieden.
Doch mit zunehmendem Wachstum arbeiten immer mehr Menschen in einem Unternehmen. Struktur muss her. Die Schnittstellen nehmen zu. Und der Abstimmungsbedarf wächst.
Um der zunehmenden Größe gerecht zu werden, werden Regeln eingeführt. Leitplanken und Gummibänder, die dafür sorgen, dass die Menschen nicht zu sehr ausbüchsen.
Es werden KPIs gemessen. Protokolle geführt. Ich erlebte ein großes, international tätiges Unternehmen, in dem die Manager alle Entscheidungen jenseits von 500 Euro absegnen lassen müssen…
Die wuchernde Bürokratie sorgt dafür, dass der Status Quo bestmöglich verwaltet, bestenfalls: optimiert wird. Darunter leidet jedoch die Fähigkeit, sich an externe Veränderungen anzupassen. Oder einfach nur das zu tun, was immer hilft: Kunden zu begeistern.
Hier meine Definition von Bürokratie:
Bürokratie beschreibt ein überwucherndes, autoritäres, schwerfälliges und unflexibles Verwaltungssystem, in dem sich Menschen pedantisch an strenge Vorschriften halten müssen (= Beamtentum).
Selbstgefälligkeit (engl.: Complacency)
Selbstgefälligkeit klingt auf den ersten Blick so ähnlich wie Arroganz. Im Detail ist es jedoch etwas anderes. Bei der Arroganz steht für mich das arrogante Verhalten gegenüber anderen im Vordergrund, um die eigene Überlegenheit zu inszenieren.
Die Selbstgefälligkeit kommt etwas netter daher. Beginnen wir zunächst mit einer Definition:
Selbstgefälligkeit ist eine unbewusste oder uninformierte Selbstzufriedenheit; vor allem in Unkenntnis von tatsächlichen Gefahren oder Mängeln.
Selbstgefälligkeit hat also etwas Naives. Ich hielt mal einen Vortrag bei einer Versicherung. Der Vorstand erzählte mir stolz: «Im Rahmen unserer Digitalisierungsstrategie haben wir unsere Führungskräfte mit iPads ausgestattet.» Ich sah lauter Menschen im Alter von 50+, die wie ein Storch im Salat auf ihren Tablets rumtippten — während draußen im Markt ein gewaltiger Tornado des Umbruchs ihr Geschäftsmodell angreift.
iPads sind keine Digitalisierungsstrategie, sondern Ausdruck von Selbstgefälligkeit: Die Führungskräfte sind zufrieden mit ihrer Position im Mittelfeld des Wettbewerbs. Seit Jahren fehlte jede Ambition, sich wirklich anzustrengen. Irgendwie auch nachvollziehbar: Wer will der schmerzhaften Wahrheit schon ins Gesicht schauen?
Da schläft es sich doch deutlich besser, wenn man sich selbst mit den «richtigen» Geschichten in Sicherheit wähnt und bequem vor sich hinwurschtelt — anstatt die fürs nachhaltige Überleben notwendigen Veränderungen umzusetzen.
Wie sieht es bei Ihnen aus? Wo erkennen Sie das ABC des Unternehmenssterbens in Ihrem Umfeld? Sind es noch apokalyptische Reiter am fernen Horizont — oder tobt bereits der Überlebenskampf und es ist dringend an der Zeit, etwas zu unternehmen?
Was können Sie gegen das ABC des Unternehmenssterbens tun? Die Lösung liegt in guter Führung: Sorgen Sie dafür, dass die richtige Unternehmenskultur in Ihrem Team — und am besten im ganzen Unternehmen herrscht. Der Charakter. Die Antwort auf die Frage: «Welche Verhaltensweisen werden bei uns verstärkt?»
Wie das gelingen kann?
Weitere Inspiration zu moderner Führung finden Sie in meinem Buch «Führung stirbt nicht».
Drei Anforderungen an moderne Führung
Politiker erinnern mich an manche Führungskräfte, die in Unternehmen mit großem Eifer Nebenkriegsschauplätze befeuern — anstatt die wichtigen und leider oftmals auch unbequemen Themen anzupacken. Und so haben Unternehmen und Gesellschaft eines gemeinsam: Es schwelt eine Führungskrise. Wir sollten sie besser schnell beenden. Denn es geht um lebensnotwendige Themen wie unseren Weg zu Energiewende und Kreislaufwirtschaft — und dabei sicherzustellen, dass Menschen den Anschluss halten und wir unseren Wohlstand nachhaltig ausbauen. Drei Prinzipien sollten dabei unser Anspruch an moderne Führung sein.
Drei Anforderungen an moderne Führung
Während des Wahlkampfs zur Bundestagswahl 2021 wurde viel über Geschlechter, Lastenfahrräder und Vermögenssteuer diskutiert. Das erinnert mich an manche Führungskräfte, die in Unternehmen mit großen Eifer Nebenkriegsschauplätze befeuern — anstatt die wichtigen und leider oftmals auch unbequemen Themen anzupacken.
Und so haben Unternehmen und Gesellschaft eines gemeinsam: Es schwelt eine Führungskrise. Wir sollten sie besser schnell beenden. Denn es geht um lebensnotwendige Themen wie unseren Weg zu Energiewende und Kreislaufwirtschaft — und dabei sicherzustellen, dass Menschen den Anschluss halten und wir unseren Wohlstand nachhaltig ausbauen.
Heute hat das deutsche Volk gewählt. Wollen wir hoffen, dass sich unsere neuen Anführer den folgenden drei Prinzipien moderner Führung bewusst sind. Diese stammen zwar aus meiner Arbeit in Unternehmen. Doch Führung ist es egal, ob sie in Politik, Gesellschaft oder Unternehmen stattfindet. Die Prinzipien bleiben die gleichen.
1.) Die Fähigkeit, ein Anführer zu sein, ist keine Frage des Geschlechts — sondern Ihrer inneren Haltung.
Wer Menschen führen will, muss auch das damit verbundene Gewicht der Verantwortung tragen. Doch in Wirtschaft und Politik erlebe ich immer wieder Menschen, denen ihre persönliche Karriere, Status und Macht wichtiger sind als der Verantwortung ihrer Position gerecht zu werden.
Denn es geht weder um Geschlecht noch Gleichstellung. Und erst recht gibt es keinen Anspruch auf eine Führungsposition, nur weil es für Sie “jetzt endlich an der Zeit ist”.
Schauen Sie in die 300.000 Jahre unserer Menschheitsgeschichte. Den Großteil davon waren wir in Clans unterwegs. Zogen durch die Steppe und über Gebirgszüge. Alle wussten: Es geht um Leben und Tod. Und Führung hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Clan überlebt.
Also: Haben Sie das Zeug zum Anführer (m/w/d 😉)? Bevor Sie das beantworten können, sollten wir zunächst definieren, was das Ergebnis Ihrer Führung ist:
Ein Anführer ist ein Mensch, dem andere folgen.
Und was zeichnet dann einen modernen Anführer aus?
Die Antwort liegt in einem einzigen Wort: Ein moderner Anführer ist ein Mensch, dem andere freiwillig folgen.
Sie sollten Gefolgschaft also nicht erzwingen oder einfach einfordern, nur weil Sie eine bestimmte Position inne haben. Sie müssen sich die Gefolgschaft anderer verdienen. Ob Ihnen das gelingt? Da spielt Ihre innere Haltung eine wesentliche Rolle. Denn Ihre Haltung bestimmt Ihre Handlungen.
2.) Es geht nicht um denjenigen, der führt. Sondern um die, die geführt werden.
Aus all meinen Projekten, in denen ich Unternehmer und ihre Führungsteams dabei begleitet habe, die Zukunftsfähigkeit ihrer Unternehmen zu sichern, ging es beim Thema “Führung” immer um eine wesentliche Haltung:
Es geht nicht um diejenigen, die führen.
Sondern um die, die geführt werden.
Also nicht: Höherer Gehaltsscheck. Prestige. Macht. Dickes Autos. Wichtige Kontakte.
Sondern: Überleben sichern. Zukunftssicherheit beeinflussen. Wohlstand sichern.
Kurzum: Dafür sorgen, dass der einzelne Mensch besser wird — und Ihre Teams erfolgreich sind und “Beute” machen.
3.) Die wichtigste Frage, die ein Anführer beantworten muss: Wo wollen wir hin?
Deutschland hat auf diese Frage leider (noch) keine Antwort. Europa taumelt ebenfalls (noch) orientierungslos vor sich hin. Einzelne Staaten oder Menschengruppen drohen aus der gemeinsamen Linie auszuscheren — oder haben es bereits getan.
Wie sieht es in Ihrem Unternehmen aus?
In Ihrer Familie?
Für Sie persönlich?
Wo wollen Sie hin?
Es ist Ihre ureigenste Aufgabe als Anführer, diese Frage zu beantworten.
Sie müssen einen verlocken Horizont aufzeigen. Eine Geschichte erzählen, die für eine positive Aufbruchstimmung sorgt. Und eine Klammer um all die Unterschiedlichkeiten machen, die jeden Clan. Jedes Unternehmen. Jede Familie auszeichnet.
Und machen Sie sich nichts vor: Der Weg auf diesen Horizont zu ist beschwerlich. Kostet hier Opfer. Dort Anstrengung. Viele Täler der Tränen müssen bewältigt werden. Durch Ihre Persönlichkeit strahlen Sie für die Menschen, die Sie führen, Kraft und Zuversicht aus. Erzeugen eine “positive can-do Dringlichkeit”.
Heute hat Deutschland gewählt. Ich wünsche uns allen, dass die neuen Anführer unseres Landes uns überraschen — und dem Anspruch an moderne Führung gerecht werden.
Ihnen persönlich wünsche ich, dass die Anführer in Ihrem beruflichen Umfeld den Anspruch moderner Führung erfüllen. Falls nicht, fühlen Sie sich vielleicht dazu berufen, selber die Verantwortung zu übernehmen und eine Führungsrolle anzustreben?
Doch egal, was in Gesellschaft und Wirtschaft auf uns zu kommt. Ich wünsche Ihnen vor allem, dass Sie im Hinblick auf Ihre persönliche Lebensführung den Mut haben, selbstbestimmt und aufrecht Ihren Weg zu gehen. Erwarten Sie nicht, dass sich andere um Ihr Glück, Erfolg und Erfüllung kümmern. Tun Sie das lieber selber. Und seien Sie auf dem Weg gut und gütig zu sich.
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MUT ZUR LEBENSFÜHRUNG
Virtuelle Teams sind ein Widerspruch in sich
„Working from Home“ und Digitalisierung sei Dank: Die Unternehmen können Büroflächen einsparen und die Mitarbeiter endlich Alltag und Job bequemer ineinander fließen lassen. Doch in drei Situationen ist das Home-Office kein Heilsbringer - sondern schädlich.
Virtuelle Teams sind ein Widerspruch in sich
„Working from Home“ und Digitalisierung sei Dank: Die Unternehmen können Büroflächen einsparen — und die Mitarbeiter endlich Alltag und Job bequemer ineinander fließen lassen. Doch in drei Situationen ist das Home-Office kein Heilsbringer — sondern schädlich.
Rund 18 Monate konnten wir ausprobieren, wie es ist, wenn zahlreiche Mitarbeiter von Zuhause arbeiten. Wenn wir uns daran erinnern, wie sehr sich vorher viele Unternehmen gegen das “Home-Office” gewehrt haben, hat die digitale Arbeit überraschend gut funktioniert.
Doch es gibt einen Unterschied zwischen „funktioniert“ und „das Beste abliefern“. Wir haben es geschafft, digital zusammen zu arbeiten. Aber wir haben nicht das Beste abgeliefert, was möglich gewesen wäre, wenn wir uns auch persönlich getroffen hätten. Das wurde und wird vor allem in drei Bereichen schmerzlich erlebbar.
1.) Team vs. Komitee
Wir sprechen ständig von einem „Team“ — auch, wenn die Beteiligten bloß ein Haufen von Individuen sind. Letzteres nenne ich „Komitee“.
Ein Komitee ist ebenfalls eine Gruppe Menschen. Doch jeder verfolgt im Wesentlichen seine eigene, oft versteckte Agenda. Offiziell formuliert zwar jeder, dass am gleichen Ziel gearbeitet wird. Aber faktisch geht es selten um die Sache. Vielmehr wird auf dem politischen Parkett hin und her geschoben, um das bestmögliche für sich persönlich rauszuholen.
Ein echtes Team ist für mich eine eingeschworene Truppe. Sie arbeitet funktional. Das können Sie an drei Kriterien festmachen:
Alle verfolgen das gleiche Ziele.
Alle haben ein gemeinsames Verständnis darüber, wie das Ziel erreicht werden soll.
Und schließlich ist das Team am Ende auch erfolgreich (ansonsten wäre es dysfunktional).
Meine Erfahrung ist: Damit aus einer Gruppe Menschen ein echtes Team wird, müssen sich die Menschen immer wieder physisch treffen. Digitaler Austausch kann dabei ergänzen — und funktioniert umso besser, je stabiler und geformter der Team-Zustand bereits ist.
Ist ja auch verständlich: Wenn ich meine Frau nur virtuell treffen würde, würde ich sie nicht als meine Frau bezeichnen. Und die Beziehung wäre erst recht keine Ehe oder Partnerschaft. Es wäre eine virtuelle Affäre. Und damit auf dem Level eines Komitees.
2.) Heikle Botschaften & Konflikte
Während der Corona-Zeit gab es für einige meiner Kunden echt schwere Probleme. Umsätze brachen ein. Schlüsselmitarbeiter kündigten. Es fehlte an Vortrieb und konstruktivem Miteinander. Kurzum: Heikle Botschaften mussten ausgesprochen und Konflikte ausgetragen werden.
Gerade in diesem zwischenmenschlich anspruchsvollen Terrain sind die digitalen Videokonferenzen der absolute Killer. Jeder hockt Zuhause vor seinem Computer. Starrt in die anonyme Kamera. Die Gruppe ist so einfach nicht richtig zu packen.
Um schwierige, zwischenmenschliche Herausforderungen zu lösen, geht nichts über den persönlichen Kontakt. Denn das einzig wirklich Echte im Leben ist die Begegnung. Es geht darum, Gesicht zu zeigen. Und nicht, das Gesicht bloß in die Kamera zu halten.
Verbindlichkeit. Persönliche Betroffenheit. All das braucht das persönliche Treffen, damit jeder seinen Mann oder Frau steht — und sich niemand per Mausklick aus der Affäre stiehlt.
3.) Sozialer Kitt & Identifikation
Erinnern Sie sich daran: Der Mensch ist ein soziales Tier. Die Herde ist für uns überlebenswichtig.
Damals, als wir vor rund 300.000 Jahren als Nomaden durch die Steppe zogen, war das Schlimmste, was passieren kann: vom Clan verstoßen werden. Denn alleine sind die Überlebenschancen in der Wildnis gleich null.
Heute haben wir mehr Optionen: Sie können Ihren „Unternehmens-Clan“ verlassen, kündigen und sich einfach einem neuen Clan anschließen. Doch die Herausforderung ist und bleibt, ein gutes, echtes Team zu finden, in dem Sie sich wohl und sicher fühlen — und mit dem Sie erfolgreich Ergebnisse erzielen. Die Kultur muss stimmen. Es braucht Identifikation. Fühlen Sie sich dazugehörig?
Dieses Identitätsgefühl geht verloren, wenn Menschen nur noch von Zuhause aus per Telefon und Computer miteinander arbeiten. Es gibt Mitarbeiter, die wurden während des Lockdowns eingestellt und haben über ein Jahr lang keinen einzigen Kollegen persönlich kennengelernt. Das ist genauso doof, wie Studenten, die ausschließlich von Zuhause studieren. Es entsteht einfach kein Zugehörigkeitsgefühl.
Ein teurer Nebeneffekt ist, dass auch der informelle Austausch fehlt. Die spontanen Treffen an der Kaffeemaschine. Der Plausch in der Mittagspause. So fehlt es an Gelegenheiten, neue Ideen zu entwickeln. Auch leidet der unternehmensübergreifende Austausch.
Klar, Sie können digitale Feierabend-Biere, Weinproben oder Online-Kreativ-Sessions veranstalten. Es gibt Menschen, denen so etwas Freude bereitet. Aber es gibt auch eine ganz schön große Menge an Menschen, die solche digitalen Pseudo-Treffen einfach nur nerven.
Und jetzt?
Manche Manager freuen sich bereits darüber, die Bürofläche zu halbieren. Feste Arbeitsplätze aufzulösen. Kosten zu sparen. Doch denken Sie daran: Veränderungen führen immer zu Problemen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Die Chance liegt darin, auf die Probleme die richtigen Lösungen zu finden.
Doch die Frage ist, ob wir uns unnötig Probleme schaffen müssen, nur weil wir in blinden Aktionismus verfallen. Aus meiner Erfahrung läuft es auf eine gesunde Balance hinaus. Digital von Zuhause arbeiten, wenn es geistige Arbeit und Ruhe braucht. Statt für jedes Meeting durch die Weltgeschichte zu reisen, lässt sich vieles auch bequem und umweltschonend per Videokonferenz besprechen. Doch es braucht auch Maß und Mitte, wann es sinnvoll ist, dass wir uns persönlich treffen.
Kämpfen Sie also für den Erhalt einer aussterbenden Spezies namens gesunder Menschenverstand. Denn dieser hilft uns nicht nur bei Home-Office und persönlichen Treffen — sondern auch bei all den anderen Problemen unserer hysterischen Zeit.
Übrigens... Das Stärkste, was Sie unternehmen können, ist: Gegenwart machen!
Zukunft trotz Ungewissheit aktiv gestalten
Die letzen Jahrzehnte waren einfach. Denn es gab nur eine Richtung: höher, schnell, weiter. Doch Klimawandel und Covid-19 machen für viele Unternehmen sehr deutlich, dass der bisherige Weg so nicht weiterführt. Ängstlich treten viele auf die Management-Bremse; aber vom Kostensenken alleine werden Sie die Turbulenzen nicht überleben. Es braucht mutige Anführer, die bereit sind, trotz Nebel aufzubrechen. Die ein attraktives Bild der Zukunft haben, für das es sich lohnt, aufzubrechen. Wie kann das gelingen?
Zukunft trotz Ungewissheit aktiv gestalten
Die letzen Jahrzehnte waren einfach. Denn es gab nur eine Richtung: höher, schnell, weiter. Doch Klimawandel und Covid-19 machen für viele Unternehmen sehr deutlich, dass der bisherige Weg so nicht weiterführt. Ängstlich treten viele auf die Management-Bremse; aber vom Kostensenken alleine werden Sie die Turbulenzen nicht überleben. Es braucht mutige Anführer, die bereit sind, trotz Nebel aufzubrechen. Die ein attraktives Bild der Zukunft haben, für das es sich lohnt, aufzubrechen. Wie kann das gelingen?
Die Firma PIEL ist ein technischer Großhändler aus Soest. Inhabergeführt. Vierte Generation. Die Branche ist sehr fragmentiert. Einige Wettbewerber halten nur noch mit, indem sie durch Preiskämpfe um Aufträge buhlen. Die Zukunft schreit also förmlich nach Konsolidierung, wie wir es in anderen Branchen bereits erlebten und aktuell erleben.
Den drei Inhabern der PIEL Gruppe ist klar: Preiskämpfe sind auf Dauer keine Lösung, denn sie sind für alle Beteiligten eine Todesspirale. In über 100 Jahren Firmengeschichte hat das Unternehmen immer wieder bewiesen, dass begeisterter Kundenfokus und sinnvolle Innovation echten Mehrwert bieten, für den Kunden auch gerne bereit sind zu bezahlen.
Mario Ernst ist einer der drei Gesellschafter. Er hat mich während einer Verbandstagung des VTH (Verband Technischer Handel) erlebt, als ich dort die Abschlussrede hielt. Wir sprachen danach im Foyer miteinander: „Sie passen gut zu uns und können uns bei der bevorstehenden Neuausrichtung bestimmt super unterstützen. Sie müssten nur meinen Kompagnon überzeugen. Der ist nämlich von Beratern nicht so ganz überzeugt.“
Der Wunsch nach Vorhersehbarkeit
Ein paar Wochen später. Wir sitzen zu Viert im Konferenzraum. Workshop zur Zieldefinition mit den drei Gesellschaftern und mir. Was wird sich durch unsere Zusammenarbeit nach 12 Monaten im Unternehmen konkret geändert haben? Schnell werden sich die drei einig, wohin die Reise gehen soll: Eine gemeinsame Richtung formulieren, die allen Mitarbeitern an allen Standorten Orientierung gibt, um auch in Zukunft einen führenden Anspruch in der Branche zu haben.
Eine Woche später telefonieren wir und sprechen übers Angebot. Grundsätzlich sind wir uns einig. Auch der kritische Kompagnon hat seine Skepsis abgelegt. Doch in einem Detail hadern die drei noch. Denn sie möchten es gerne ganz genau wissen: „Wie konkret gehen wir vor? Was sind die Meilensteine und Projektschritte? Wir brauchen einen Plan.“
Ich entgegne ihnen: „Ihren Wunsch kann ich gut nachvollziehen. Die meisten Kunden wollen diese Sicherheit, wie genau der Weg aussieht. Am liebsten vor Beginn der Reise. Doch diese Sicherheit gibt es nicht. Pläne und Meilensteine suggerieren nur Scheinsicherheit. Die Zukunft ist nicht vorhersehbar. Sie muss gestaltet werden. Und dazu braucht es keine treue “Dienst nach Vorschrift”-Mentalität, die sich ängstlich an Pläne klammert. Sondern Vortrieb. Entscheidend ist, dass wir Ihren Horizont im Blick halten und vorwärts gehen. Flexibel auf neue Erkenntnisse reagieren. Vortrieb und Beute sind am Ende wichtiger als Regeltreue und die Frage, ob wir uns an den Plan gehalten haben.”
„Aber wie sollen wir denn wissen, ob wir mit Ihnen die gesteckten Ziele auch erreichen?“ bohrt einer der Gesellschafter weiter.
Vertrauen ist die stärkste Sicherheit
„Da hilft Ihnen kein Plan, sondern nur eines: nämlich Vertrauen”, antworte ich ihm.
Aber was ist Vertrauen? Vertrauen ist Ihre Entscheidung, das Risiko einzugehen, auch enttäuscht oder verletzt zu werden. Ohne Vertrauen können Menschen nichts gemeinsam gestalten. Vertrauen ist die Beschleunigung für gemeinsame Ergebnisse. Ob es zwei Fremde sind, die gemeinsam Geschäfte machen. Oder zwei Menschen, die sich auf dem Standesamt das Ja-Wort geben. Vertrauen ermöglicht es uns Menschen, miteinander zu kooperieren — und zwar egal, ob wir uns bereits viele Jahre kennen oder gerade erst getroffen haben.
“Im letzten Workshop haben wir gemeinsam definiert, was sich in 12 Monaten konkret verändert haben soll. Wir haben Kriterien formuliert, anhand derer wir gemeinsam den Fortschritt unserer Arbeit messen. Ich bin kein Bürokrat, der mit ihnen stoisch einen Projektplan abarbeitet oder pauschal die „7 Schritte zum Erfolg“-Methode über jedes Unternehmen stülpt. Sie können sich darauf verlassen, dass wir mit Augenmaß ausschließlich das unternehmen, was uns möglichst zügig zur Beute führt. Wenn es eine Abkürzung gibt, nehmen wir sie. Deswegen bezahlen Sie auch einen Festpreis — für die Wirkung, und nicht dafür, wie viel Zeit wir damit verbringen, nur um uns künstlich beschäftigt zu halten.“
Lebenszeit ist knapp
Gesagt, getan. Es folgten keine Power-Point-Schlachten. Stattdessen machten wir das, was uns Menschen über 300.000 Jahre hat erfolgreich sein lassen: Wir verhielten uns wie moderne Nomaden.
Vortrag beim Jahresauftakt der Firma PIEL
Dazu haben wir mit dem Projektteam, dem PIEL Lenkungszirkel, erstmal die stärkste Frage beantwortet, die ein Mensch stellen kann: Wo wollen wir überhaupt hin? Die Teilnehmer waren überrascht, dass wir im ersten Workshop dazu gar nicht über das Unternehmen sprachen, sondern über sie als Menschen.
“Sie verbringen so viel Ihrer kostbaren Lebenszeit mit Ihrem Job — da ist es hilfreich, wenn Sie zunächst mal klären, wo Sie als Mensch überhaupt hinwollen. Und dann hoffe ich, dass Sie eine Schnittmenge zwischen Ihrem persönlichen Horizont und dem der Firma PIEL entdecken.”
Große Erfolge entstehen, wenn Menschen mit Herzblut bei der Sache sind. Und das klappt nur, wenn wir Menschen nicht wie Zitronen auspressen, sondern sie als Menschen respektieren. Wirtschaft muss dem Menschen dienen; nicht umgekehrt.
Führung durch die Ungewissheit
Nachdem die persönlichen Horizonte in einer ersten Version greifbar waren, machten wir uns an den Horizont für das Unternehmen. Der Horizont ist das A und O für jeden modernen Nomaden. Ohne ihn, brauchen Sie erst gar nicht aufbrechen. Denn ohne Horizont laufen Sie richtungslos durch die Gegend. Blinder Aktionismus und Input-Virus halten Sie dann zwar unglaublich beschäftigt. Aber Sie sind nicht wirkungsvoll.
Das Gute ist: Wenn die Richtung, der Horizont, einmal klar ist, dann zählt für Sie im Alltag vor allem eines: Gegenwart machen. Und dazu brauchen Sie nur zwei Fähigkeiten, in denen Sie verdammt gut sein sollten:
Wahr-nehmen, was ist.
Wahr-machen, was jetzt sein soll.
Und so ist aus der anfangs zögerlichen Zusammenarbeit mittlerweile eine jahrelange, vertrauensvolle Partnerschaft geworden. Der gemeinsame Horizont für die Firma steht. Aus einer Vielzahl von Optionen und Themen haben wir die wesentlichen Punkte ausgewählt. Das Team hat diese in Form einer Pyramide visualisiert: sozusagen der Fixstern am PIEL Horizont. Er erinnert daran, was für die Zukunft bereits heute zählt:
Die PIEL Pyramide steht in meinem Konferenzraum. Neben Symbolen von anderen Unternehmen, die alle schöne Erinnerungen an tolle Projekte sind.
Bewährtes stärken. Neues wagen!
Kundenbegeisterung
Wir sind PIELaner!
Der PIEL Fixstern ist heute überall dabei: Ob Teambesprechung, Kundenakquise oder Einstellungsgespräch. Er steht sogar mit den Symbolen aus anderen Projekten in meinem Konferenzraum. Denn der PIEL Lenkungszirkel hat — getreu dem Leitspruch “Einfach. Besser. Machen.” — die Pyramide einfach auf glänzendem Papier drucken lassen. Digital reicht nämlich nicht überall. Manchmal muss es haptisch, echt, einfach greifbar sein.
Anhand dieser kleinen Pyramide machen die Mitarbeiter bei PIEL jeden Tag Gegenwart. Schritt für Schritt auf den Horizont zu. Um dadurch — trotz der aktuell widrigen Nebel um uns — die Zukunft so zu gestalten, wie sie sein soll. Denn sich einfach nur passiv an die Rahmenbedingungen anzupassen, ist zu wenig. Unternehmen mit Führungsanspruch sehen zu, dass sie ihre Vorstellungen von der Zukunft aktiv umsetzen.
Weicher Kram sorgt für Gewinn
Eine Sache finde ich bei der Firma PIEL bemerkenswert: es ist das einzige Unternehmen, das ich kenne, das für seine Mitarbeiter einen eigenen Namen hat: PIELaner.
Spätestens seit den Betrugsaffären rund um Volkswagen und Wirecard hat jeder verstanden, dass der “weiche Kram” (Unternehmenskultur, Werte, Verhaltensweisen) entscheidende Auswirkungen auf die harten Fakten (Umsatz, Gewinn) hat.
Das war den Gesellschaftern der Firma PIEL schon lange klar. Gewinn machen um jeden Preis, war nie ihr Ding. Die Art und Weise, wie mit Kunden, Zulieferern und Mitarbeitern umgegangen wird, ist genauso wichtig. Deswegen arbeiten wir in einem neuen Projekt daran, diese PIELaner Kultur zu stärken und auf die neuen Herausforderungen unserer Zeit anzupassen.
Mittlerweile haben sich die drei Gesellschafter (und auch ihr Lenkungszirkel) daran gewöhnt, dass wir keine umfangreichen Projektpläne schmieden. Sondern passend zum Unternehmensmotto „Einfach. Besser. Machen.“ gemeinsam Gegenwart und Beute machen. Denn diese Haltung ist die beste, um auch in ungewissen Zeiten für ein sicheres Fortkommen zu sorgen.
Ihnen hat der Text gefallen?
Dann werden Sie mit meinem neuen Buch “Führung stirbt nicht” die wahre Freude haben. Hier gratis reinlesen und bestellen.
Servant Leadership — Wo sind nur die Führungspersönlichkeiten geblieben?
Je größer das Unternehmen, desto anfälliger ist es für Modewellen der Management-Methoden. Aktuell verbreitet sich zunehmend das „Servant Leadership“ – also so etwas wie dienende Führung. Es ist nachvollziehbar, dass niemand einem egozentrierten Macht-Menschen folgen will. Aber unterwürfige Diener als Führungskraft sind die völlig falsche Antwort auf die schwelende Führungskrise.
Servant Leadership — Wo sind nur die Führungspersönlichkeiten geblieben?
Je größer das Unternehmen, desto anfälliger ist es für Modewellen der Management-Methoden. Aktuell verbreitet sich zunehmend das „Servant Leadership“ – also so etwas wie dienende Führung. Es ist nachvollziehbar, dass niemand einem egozentrierten Macht-Menschen folgen will. Aber unterwürfige Diener als Führungskraft sind die völlig falsche Antwort auf die schwelende Führungskrise.
Wer bei Amazon nach „Führung“ sucht, bekommt mehr als 50.000 Bücher angeboten. Google liefert über 11 Mio. Suchergebnisse für „Leadership training“. Man könnte also meinen, zum Thema Führung ist alles gesagt und es müsste reibungslos laufen. Doch warum zeigt die Praxis, dass es ständig Probleme mit der Führung gibt?
Führungskrise
Nur weil sich jemand auf eine Führungsposition bewirbt, heißt das noch lange nicht, dass die Person auch führen kann. Doch genau diesen Trugschluss scheinen viele Personalentscheider täglich zu fällen. Und so gelangen immer wieder Menschen in Führungspositionen, obwohl sie eigentlich gar nicht führen können.
In Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs ist das vielleicht noch erträglich. Denn es wird jeder Heiopei (rheinländisch: Depp) mit der Konjunktur auf den Olymp gespült.
Doch wenn ein Unternehmen in Schwierigkeiten gerät, ändert sich der Wind. Es wird rauer. Probleme tauchen auf. Gute Führung ist gefragt. Nun rächt es sich, wenn wir statt starken Anführern schwache Anführer haben. Dabei zeigt sich die Schwäche in zwei Ausprägungen.
Erstens, die entscheidungsschwachen “Fahnen im Wind”. Hier ist die Schwäche offensichtlich. Denn es kann nur der Mensch Entscheidungen treffen, der auch bereit ist, die volle Verantwortung zu tragen. Wer hier zu zaghaft ist und in Sorge um mögliche Fehlentscheidungen die Konsequenzen auf die eigene Karriere ständig im Hinterkopf herum trägt, hat offensichtlich nicht das Zeug zum Führen. Drücken wir die Daumen, dass dieses Team oder diese Firma einen inoffiziellen Anführer hat, der – auch wenn nicht in der obersten Position – informell die Geschicke führt.
Die zweite Art von Führungsschwäche finden wir bei egozentrischen Machtmenschen. Sie erscheinen zwar auf den ersten Blick stark, da sie das Spiel der Dominanz meisterhaft beherrschen. Häufig sind sie kommunikativ gut geschult, so dass sie durch verbale Blendgranaten sich ihren Weg durch die Unternehmenshierarchie bahnen. Doch faktisch sind diese Typen der Hannibal Lecter im Konferenzraum. Manchmal braucht es ausreichend Geduld oder einfach nur ein trainiertes Auge, um den Teufel im Schafspelz zu entdecken.
Beide Arten von Führungsschwäche sind für das Überleben eines Unternehmens gefährlich. Denn sie sorgen im besten Fall für unnötige Probleme. Und im Schlimmsten Fall für ernsthafte Bedrohungen oder gar den Untergang (siehe z.B. Wirecard).
Herr und Diener
Die beiden Führungsschwächen werden nun jedoch noch durch eine dritte Ausprägung ergänzt: Servant Leadership.
Es scheint den ein oder anderen Manager zu geben, der das Gewicht der Verantwortung im Job nur schwer ertragen kann. Manche flüchten dann gerne zu einer Domina, bei der sie sich unterwerfen können. Endlich frei: Keine Verantwortung, keine Entscheidungen mehr. Im Spiel von Herr(in) und Diener sind die Fronten klar geregelt.
Beim Servant Leadership scheinen einige Manager ihre Sehnsucht nach Unterwerfung nun auch im Büroalltag ausleben zu wollen. Gab es früher die hierarchie-dominanten Führungskräfte, bei denen Befehl und Gehorsam das Mittel der Wahl war. Heißt es nun: Du musst Deinen Mitarbeitern dienen.
Doch wer dient, muckt nicht auf. Beginnt keinen Konflikt. Sondern macht das, was der Master will.
Dabei ist die „dunkle“ Seite der Führung die absolute Pflicht eines jeden Anführers: Der Mut, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen. Sich gegen die Meinungen von Kollegen durchsetzen, wenn es – trotz Diskussion – der richtige Weg fürs Unternehmen ist. Verstehen, dass Hierarchie nicht per se schlecht ist, sondern die Voraussetzung für Ordnung und Harmonie.
Wenn Ihr Selbstverständnis als Anführer ist, Sie müssten sich wie ein Diener verhalten, wollen Sie dann vielleicht diese unangenehmen Seiten der Führung vermeiden?
Persönliche Interessen vor Verantwortung für das Gemeinwohl
Vielleicht geschieht dieses Verweichlichen von Führung auch aus Eigennutz der Führungskräfte. Denn viele sind bereits jetzt überfordert. Die Arbeit – präziser: die toxische Arbeitskultur, in der sie sich befinden – macht sie krank. Sie klagen über Rücken- und Nackenschmerzen. Probleme beim Ein- und Durchschlafen. Panikattacken. Sie können das Gewicht der Verantwortung nicht mehr tragen. Den Druck nicht aushalten. Hinter der souveränen Fassade lauert ein Gefühl der Überforderung.
Und so leben wir aktuell in einer Zeit, in der wir die Verantwortung von Führungskräften anfangen, aufzuweichen. Beim Shared Leadership gibt es zum Beispiel nicht mehr nur eine Führungskraft, sondern zwei Menschen teilen sich die Position. Die Mitarbeiter haben also nicht einen Chef, sondern zwei. Solche Führungskräfte wollen mehr „Work-Life-Balance“ nach dem Motto: Teilzeit sorgt für Freizeit. Doch dafür steigt der Abstimmungsaufwand. Und warten wir mal ab, bis es zu ersten richtigen Problemen oder Fehlentscheidungen kommt. Wer übernimmt dann die Verantwortung?
Selbst Vorstände fangen an, in diesen Ruf nach dem Schlaraffenland in der Führungsetage einzustimmen. Die Initiative Stay on Board fordert eine Pause für Vorstände, wenn sie sich um Baby, Eltern oder sonstige private Themen kümmern wollen. Bis zu 6 Monate soll ein Vorstand sein Mandat – und damit auch jegliche Verantwortung und Haftung – auf Pause stellen können. Wenn die privaten Themen erledigt sind, darf die Person selbstverständlich wieder in Amt und Würden treten. Selbstredend, dass hier Papa Staat und Mama Gesetz angerufen werden, um durch Ver- und Gebote für die entsprechende Lösung zu sorgen.
Wer als Anführer Gesetze fordert, die helfen, seine privaten Belange über die der Gruppe zu stellen, die er anführt, ist kein wirkungsvoller Anführer. Im Gegenteil: er offenbahrt Führungsschwäche und gesteht „Ich kann meinen Leuten nicht vertrauen“. Ein starker Anführer braucht dagegen kein Gesetz, sondern sorgt durch sein Verhalten dafür, dass seine Leute ihm auch in privaten Krisenzeiten den Rücken freihalten. Nicht mehr Gesetze sind nötig. Sondern bessere Führung.
Führung ist eine Frage der inneren Haltung
Was zeichnet also einen Anführer aus? Die Theorie bietet dazu unzählige Führungsstile an. Transaktional. Patriarchalisch. Kooperativ. Hierarchisch. Laissez-faire. Aber ist es wirklich notwendig, immer wieder neue Führungsmodelle und -stile zu entwickeln?
Wie haben unsere Vorfahren das überhaupt geschafft? In den rund 300.000 Jahren Menschheitsgeschichte ging es deutlich intensiver um Leben und Tod als heute. So haben sich unsere Lebensumstände zum Glück gebessert. Jedoch scheint sich unsere Führungsfähigkeit dafür verschlechtert zu haben.
Führung ist im Wesentlichen eine Frage Ihrer Haltung – und keine Frage von Methoden und Techniken. Als Anführer führen Sie Menschen – und keine Zahlen und Messgrößen. Und wenn es darum geht, Menschen zu führen, dann sollten Sie sich auch wie ein Anführer verhalten. Und das beginnt mit souveräner Selbstführung.
Kein Mensch will einem Weichei folgen. Natürlich auch keinem Egomanen. Und erst recht keinem Diener.
Wenn es also kein Servant Leadership braucht – was denn dann?
Ich formuliere ich mal drastisch: Seien Sie einfach kein Arschloch. Führen Sie auf Augenhöhe. Hart in der Sache. Fair zum Menschen. Vergessen Sie Position und Titel. Streben Sie nach natürlicher Autorität. Die können Sie nicht bestimmen. Die müssen Sie sich verdienen.
Und wenn Sie wissen wollen, wie das geht, empfehle ich Ihnen mein neues Buch Führung stirbt nicht!. Darin finden Sie unter anderem Kapitel zum „Feind im inneren Lager“ und die fünf Fragen zu „Haben Sie das Zeug zum Führen?“.
Führung stirbt nicht. Warum Mut und Entschlossenheit das Überleben der Unternehmen sichern.
5 Menschen. 3 Tage. 1 Mission.
Was zeichnet einen modernen, starken Anführer aus?
Durch die Krise gibt es nur einen Weg
Das Corona-Virus dreht vieles von links auf rechts. Manche profitieren von der Krise. Andere müssen sich neu erfinden. Doch egal ob Wachstums-Boom oder Umsatzeinbruch — beides muss gemanagt werden. Was also tun, um erfolgreich durch turbulente Zeiten zu navigieren?
Durch die Krise gibt es nur einen Weg
Das Corona-Virus dreht vieles von links auf rechts. Manche profitieren von der Krise. Andere müssen sich neu erfinden. Doch egal ob Wachstums-Boom oder Umsatzeinbruch — beides muss gemanagt werden. Was also tun, um erfolgreich durch turbulente Zeiten zu navigieren?
Schätzen Sie mal, wie lange es den Menschen mit seinen nahen Vorgängerversionen bereits auf der Erde gibt. In der Literatur stößt man auf ca. 300.000 Jahre.
Der moderne Mensch mit seinem hochmodernen Leben scheint dagegen kaum ins Gewicht zu fallen. Das erste Auto wurde erst vor rund 100 Jahren erfunden. Das iPhone ist gerade mal 13 Jahre alt.
Und doch scheinen wir trotz all des modernen Fortschritts als Menschen nicht mehr so krisenfest zu sein, wie unsere Vorgänger. Für viele Menschen ist es bereits ein Drama, wenn sie morgens das Haus verlassen und der Smartphone-Akku nur noch 40% hat. Was können wir also von unseren Vorfahren lernen, um Krisen erfolgreich zu bewältigen?
Orientierung finden
Stellen Sie sich so einen Clan von damals vor. Er marschiert durch die Steppe. Am Horizont ein kleiner Wald, der Hoffnung gibt. Denn Hunger treibt die Gruppe vorwärts. Endlich da. Auf einer Lichtung entdecken die Menschen Früchte. Problem: Niemand kennt diese Frucht. Lösung: Ein Mutiger muss Verantwortung übernehmen und den ersten Schritt wagen und probieren. Das Leben war schon immer bedrohlich und wir lernen häufig nur durch Versuch und Irrtum.
Das kann ernüchternd, gar deprimierend wirken oder auch bedrücken und Angst machen. Hoffnung, Zuversicht und Mut sind also notwendig, um den Widrigkeiten des Überlebenskampfes mit einem hellen Gemüt zu begegnen. Dazu braucht es Orientierung und Antwort auf die wirklich wichtigen Fragen:
Wo gibt es Beute?
Wo können wir überleben?
Wo sind wir - zumindest für den Moment - sicher?
Mal ist es der Wald. Mal ein Gebirge. Und mal die Küste. Unsere Vorfahren orientierten sich am Horizont. Und das sollten Sie heutzutage auch tun. Erst recht in der Krise.
Krise braucht Richtung
Derzeit wagen immer mehr Zukunftsvorherseher eine Prognose, wie die Welt nach Corona wohl aussehen wird.
Ernsthaft beantworten kann diese Frage jedoch niemand. Denn Schicksal ist nicht vorherbestimmt. Wir müssen es gestalten. Und zwar im Hier und Jetzt. Ich nenne das: Gegenwart machen.
Wie geht das nun genau?
Fragen Sie sich doch mal, wie die Welt nach Corona für Sie und Ihr Unternehmen aussehen soll. Was ist Ihr Horizont, auf den Sie zustreben. Der muss gar nicht so weit in der Zukunft liegen. Vielleicht reicht ein Mini-Horizont für die kommenden 12 Monate. Fangen Sie von mir aus mit einer “realistischen” Szenerie an.
Und dann fangen Sie an zu “spinnen”. Werden Sie kreativ. Stellen Sie den Status Quo in Frage. Klammern Sie sich nicht am Alten fest. Das ist vorbei und kommt nie wieder. Doch es kann viel besser werden, als es jemals für Sie war. Wie müsste Ihr Unternehmen, Ihr Geschäftsmodell, Ihr Team, Sie selbst dazu aussehen?
Nehmen Sie Ihr Schicksal in die Hand
Wenn Sie Ihren Horizont klar haben, haben Sie die stärkste Frage eines Anführers bereits beantwortet: Wo wollen Sie hin? Jetzt können Sie in die Umsetzung gehen und Gegenwart machen.
Halten Sie Ihren Horizont dazu fest im Blick. Aber verharren Sie gedanklich nicht zu sehr in der Zukunft. Die Praxis zeigt: Entweder fangen die Menschen dann an zu träumen oder machen sich Sorgen.
Bleiben Sie also lieber im Hier und Jetzt. Machen Sie Gegenwart.
Dazu brauchen Sie nur zwei Fähigkeiten beherrschen:
1.) Wahrnehmen, was ist.
Egal ob Führung, Teamprobleme, Projekt, Vertrieb, Marketing, Prozessoptimierung, ... Schauen Sie. Hören Sie. Fühlen Sie. Manche Wahrheit liegt außerhalb Ihres bisherigen Suchmusters.
Wenn Sie ein Zahlenfreak sind, nehmen Sie auch die Meinungen derer wahr, die eher auf Ihre Intuition hören. Doch in unserer westlichen Welt hat das geschriebene Wort mehr Gewicht als Gefühle. Prüfen Sie selbst: Mitarbeiter A präsentiert Ihnen eine tolle Ausarbeitung mit allen möglichen Zahlen, Berechnungen und Diagrammen und leitet daraus seine Empfehlung für Variante A ab. Mitarbeiter B sagt Ihnen einfach nur: „Wir sollten Variante B wählen.“ Sie wollen wissen, warum. Er: „Das sagt mir mein Bauchgefühl.“ Wem würden Sie eher glauben?
Versammeln Sie nicht nur Menschen um sich, die Ihrer Meinung sind. Bestücken Sie die Teams mit konträren Geistern. Denken Sie daran: Der Beginn von Erkenntnis ist die Skepsis. Und Wahrheit entsteht immer nur im Diskurs.
Sorgen Sie für Klarheit, welches Problem Sie gerade überhaupt lösen wollen. Viel zu häufig erlebe ich, dass Teams von A nach B nach C springen. Dazu hat jeder seine ganz persönliche Vorstellung, was eigentlich genau das Problem ist. Bewährt hat sich: Formulieren Sie die Problemstellung schriftlich und visualisieren Sie auf Flipchart, Whiteboard oder via Beamer. Sie werden sehen, wie schnell Sie Korrekturvorschläge bekommen. Es ist der schnellste Weg, den ich kenne, um eine Gruppe auf eine gemeinsame Problemstellung zu fokussieren.
2.) Wahrmachen, was sein soll.
Wenn Sie nun ein gutes Bild der Lage haben und wissen, was Sie überhaupt erreichen wollen, dann überlegen Sie, was der nächste Schritt ist. Und zwar ein Schritt, der Sie auch wirklichen Richtung Ihres Horizonts führt. Und nicht weg davon.
Es ist erstaunlich, wie einfach dieses Werkzeug ist — und wie wirkungsvoll es im Alltag ist. Wenn ein Kollege einen Vorschlag macht, fragen Sie: Bringt uns das näher an unseren Horizont, oder führt es weg davon? Welche Alternativen können wir finden, die uns noch schneller, einfacher, günstiger, ... zum Horizont bringen?
Aufbruch
Natürlich ist Ihr Horizont Wunschdenken. Das ist auch gut so. Haben Sie Ansprüche an die Zukunft Ihres Unternehmens. Wie soll Sie aus Ihrer Sicht werden?
Und ja, es kann auch völlig anders kommen. Das Schöne am Horizont ist, dass er sich während Ihrer Reise mit entwickelt. Wie im echten Leben auch, streben Sie auf den Horizont zu. Erreichen werden Sie ihn jedoch nie, da er sich ständig verändert. Neue Erkenntnisse, Lernerfahrungen oder andere Prioritäten sorgen dafür, dass Ihr Horizont vital ist und von ihm immer eine starke Anziehungskraft ausgeht.
Das Gute daran ist, Sie gewöhnen sich und Ihre Teams daran, dass es keinen stabilen Status Quo gibt. Alles ist ständig in Bewegung. Denn Sie und Ihre Belegschaft sind keine niedergelassenen Büromenschen, sondern moderne Nomaden.
Der Weg zum Horizont ist natürlich nicht immer einfach. Ihnen werden Feinde, Barrieren und Rückschläge begegnen. Das Tal der Tränen ist dunkel und gehört zur Reise leider dazu. Es ist hilfreich, wenn Sie also ein starker Anführer sind (Mehr dazu in meinem neuen Buch „Führung stirbt nicht!“).
Halten Sie Ihren Horizont im Blick. Machen Sie jeden Tag Gegenwart. Brechen Sie auf. Schritt für Schritt.
Irgendwann lichtet sich auch das dunkelste Tal der Tränen. Und wird dann zu Ihrem Verbündeten. Es hält Ihnen den Rücken frei, denn Ihre Wettbewerber müssen sich jetzt erstmal da noch durchkämpfen. Während Sie bereits mit voller Kraft weiter gen Horizont marschieren. Und die Zukunft heute gestalten, in der Sie morgen leben wollen.
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Statt Fehlerkultur brauchen wir mehr Anstrengungsbereitschaft
Menschen feiern ihre Fehlschläge auf “Fuck-Up-Nights”. Agilität wird gepredigt. An die 80:20-Regel erinnert. Menschlichkeit im Business wird gefordert. Also her mit der Fehlerkultur! Hoffen wir, dass dies nur eine vorübergehende Mode in unserem neurotischen Zeitalter ist. Währenddessen sollten wir lieber dafür sorgen, dass die Anstrengungsbereitschaft steigt. Denn die Aufgaben werden größer. Nicht nur im Business.
Statt Fehlerkultur brauchen wir mehr Anstrengungsbereitschaft
Die Sonne brannte heute den ganzen Tag. Das Thermometer zeigt 30 Grad. Es ist spürbar Sommer. Und von jetzt auf gleich: Platzregen. Lange und heftig. Es fühlt sich subtropisch an. Jedoch befinde ich mich in Köln. Corona ist eine kleine Kurve, die wir mit ungewohnt brachialer Gewalt versuchen, flach zu bekommen. Und es global gesehen, einfach nicht schaffen. Der Klimawandel ist die deutlich größere Kurve. Doch in den Unternehmen wird über Mindset, Fehlerkultur und Menschlichkeit lamentiert. Was bedeutet das für Sie als Anführer und Ihr Unternehmen?
Voll nervig. Der Bürostuhl meines Kollegen quietscht beim Zurücklehnen. Die Mechanik sieht kompliziert aus und wir entscheiden uns gegen einen eigenständigen Ölversuch – und fragen lieber den Händler um Hilfe. Der vermittelt einen Kontakt zum Hersteller. Wir bekommen einen Karton zugeschickt. Stuhl verpacken. Eine Spedition soll ihn abholen und ihn repariert wieder zurückbringen. Und jetzt die Überraschung: Das Ganze ist ein kostenloser Service – obwohl die Garantie längst vorbei ist.
So geht Kundenbegeisterung
Der Büromöbelhersteller hat es verstanden: Übertriff die Erwartungen Deines Kunden – dann ist er begeistert.
Unsere Erwartungen waren nicht sehr hoch. Der Stuhl ist knapp fünf Jahre alt. Statt einer kulanten Garantielösung, haben wir eher mit einer unverhältnismäßig hohen Rechnung gerechnet...
Doch wir wurden überrascht. Und zwar positiv. Gefühlt ist das ein mächtiger Aufwand: Paket, einpacken, Spedition, ölen, nochmal Spedition. Nur um ein Quietschen zu beseitigen. Und diesen Service gibt es dann auch noch gratis. Wow!
Kundenbegeisterung = (Qualität + Preis + Lieferung) x Service, wenn etwas schief geht
Als wir die Büromöbel gekauft haben, stimmten Qualität und Preis – und die Lieferung erfolgte pünktlich. Also alles top. Damit die Begeisterung anhält, wenn etwas schief geht, braucht es den richtigen Service. Und den hat der Hersteller eindeutig geliefert. Super!
Stolperfalle Fehlerkultur
Aktuell entspricht es dem Zeitgeist, von einer Fehlerkultur zu sprechen. „Fuck Up Nights“, in denen Menschen von ihren größten „Failures“ berichten. Vorstände, Führungskräfte und selbsternannte „New Work“-Gurus fordern von den Leuten den richtigen „Mindset“: Seid mutig! Wagt etwas. Denkt an die 80:20-Regel. Hauptsache, schnell und agil. Fehler gehören dazu.
Irgendetwas muss da auch dran sein. Denn ich treffe in meinen Projekten immer wieder auf Menschen, die Angst haben. Angst, einen Fehler zu machen. Diese Angst ist so stark, dass sie manchmal wie gelähmt den bösen Dienst nach Vorschrift machen.
Verantwortung übernehmen? Lieber nicht. Entscheidungen treffen? Auf keinen Fall. Etwas Neues wagen? Nein!
Nun kann man diesen Menschen natürlich vorwerfen, dass sie zu ängstlich sind. Zu lethargisch. Zu verantwortungslos. Das mag in einzelnen Fällen sicherlich berechtigt sein.
Doch bei genauerem Hinsehen liegt die Wurzel des Übels gar nicht bei diesen Mitarbeitern – sondern bei ihren Anführern.
Zwar fordern die Führungskräfte „Mut“ und predigen „Wir leben in einer Fehlerkultur“. Doch was passiert, wenn dann mal tatsächlich ein Malheur geschieht? Dann gibt’s Ärger. Und damit ist für die Mitarbeiter klar, was unter Fehlerkultur verstanden wird: „Wer einen Fehler macht, bekommt eins auf die Nase.“ Taten wirken eben stärker als Worte. Das war so. Und wird so bleiben.
Fehlerkultur ist tödlich
Zurück in meinem Büro: Dort steht der Stuhl meines Kollegen. Verpackt in einem riesigen Karton. Seit 14 Tagen. Eine Spedition sollte ihn abholen. Vor 12 Tagen.
Zwischenzeitlich haben wir drei Mal beim Hersteller angerufen. Drei Mal wurde uns versichert, dass er am nächsten Tag abholt wird. Das letzte Versprechen kam gestern – mit dem Hinweis, dass der Spediteur anscheinend unzuverlässig sei.
Blöd ist, dass es für uns als Kunden egal ist, ob der Hersteller oder der Spediteur Mist gebaut haben. Im Ergebnis hat der Hersteller für uns den Mist gebaut. Die fehlende Qualität des Spediteurs färbt auf ihn ab. Und aus dem ursprünglich positiven Service-Erlebnis wird nun ein nerviges Ärgernis.
Denken Sie an Beispiele aus Ihrem Leben. Es sind oft gerade die Kleinigkeiten, weswegen wir unzufrieden sind und ungewünschte Ergebnisse herauskommen.
Ihr Auto muss in die Werkstatt. Der Serviceberater fragt: „Sollen wir Ihren Wagen kostenfrei für Sie waschen?“ Sie freuen sich darauf. Und erhalten den Wagen ungewaschen zurück.
Sie bestellen Ihr Steak ordentlich durchgebraten, da Sie zwar noch nicht Vegetarier sind, aber das Blut irgendwie doch nicht ertragen können. Das Essen wird serviert. Salat, Pommes und das leckere Filet sind prachtvoll arrangiert. Doch der erste Schnitt ins Fleisch lässt den roten Saft auf Ihren Teller strömen.
Ein Kunde schickt eine Beschwerde-eMail. Irgendetwas ist mit einer Lieferung schief gegangen. Die Produktion droht, in den nächsten Tagen deswegen stillzustehen. Die Mail landet im Spam-Ordner Ihrer Firma. Doch der wird leider nur sporadisch von einem Mitarbeiter lieblos geprüft. Und so verrinnt wertvolle Zeit, die Sie eigentlich für die Problemlösung bräuchten.
Bei Wirecard übersehen die Prüfer die Kleinigkeit, dass rund 2 Mrd. Euro anscheinend nicht vorhanden sind, die eigentlich da sein sollten. Das Problem entstand sicherlich nicht über Nacht, sondern war die Summe vieler Kleinigkeiten — die am Ende nicht nur Arbeitsplätze sondern auch Anlegervermögen zerstörten.
Einzelne Fehler: Ja. Fehlerkultur: Nein!
Denken Sie nochmal an die Formel von vorhin:
Kundenbegeisterung = (Qualität + Preis + Lieferung) x Service, wenn etwas schief gegangen ist.
Es ist menschlich, wenn etwas schief geht. Das kann passieren — im vorderen Teil der Formel, der sich in den Klammern befindet. Doch wenn Sie dann die Chance haben, einen negativen Vorfall zu korrigieren (Service), dann darf einfach kein Fehler mehr passieren.
Vor allen Dingen dann nicht, wenn es banale Kleinigkeiten sind, die vermeidbar sind, wenn ... ja, wenn was eigentlich?
Wenn die Einstellung der Menschen stimmen würde, die an dem Prozess beteiligt sind. Jeder – egal ob Führungskraft, Angestellter oder Pförtner – hat für sich eine Entscheidung zu treffen. Und zwar jeden Morgen. Nämlich: Bin ich heute motiviert? Will ich alles geben, um für Qualität und Ergebnisse zu sorgen? Bin ich bereit, mich dafür anzustrengen und für mindestens einen Euro mitzudenken?
Die wirkliche Bedrohung
Wir haben als Menschheit auch ein Produkt abgeliefert. Indem wir den Planeten Erde besiedelt haben. Dieses Produkt „Mensch“ hat jedoch für erhebliche Mängel und Reklamationsgründe auf Seiten der Erde gesorgt. Wir spüren die Unzufriedenheit nun in Form des Klimawandels.
Wir sollten uns also lieber keine weiteren Fehler erlauben. Denn jetzt sind wir alle gefragt, den richtigen Service zu bieten, um wieder für ein menschen-freundliches Klima zu sorgen.
Fordern Sie also keine Fehlerkultur. Sondern fördern Sie lieber ein Umfeld des Lernens. Seien Sie hart in der Sache, fair zum Menschen. Fördern Sie eine konstruktive Streitkultur, in der nicht das stärkste Ego, sondern die besten Ideen gewinnen.
Und dann haben Sie vielleicht eine Chance, den ein oder anderen verärgerten Kunden wieder zu begeistern. Und wir schaffen es, den Klimawandel so zu beeinflussen, dass er uns auch für die nächsten Generationen eine lebensfreundliche und hoffnungsfrohe Zukunft ermöglicht.
Ihnen hat der Text gefallen?
Dann werden Sie an meinem neuen Buch “Führung stirbt nicht!” die wahre Freude haben. Lesen Sie gleich mal rein…
Eines noch...
Das Stärkste,
was Sie tun können, ist: Gegenwart machen!
Für und mit den Menschen.
Das Video ist aus meiner Video-Serie #CappuccinoFriday. Sie können weitere Folgen auf meinem YouTube-Kanal sehen.
Babypause für Vorstände braucht Kultur — und kein Gesetz
Ein Vorstand ist nicht irgendein Mitarbeiter. Ein Vorstand ist ein Anführer. Und als Anführer sollte er / sie sich auch wie ein Anführer benehmen. Denn Führung ist keine Rosinenpickerei. Heißt: Eine Babypause braucht die richtige Unternehmenskultur. Und nicht behütende Gesetze. Nicht der Staat ist gefragt, sondern die Anführer selbst.
Babypause für Vorstände braucht Kultur — und kein Gesetz
Viele Menschen wünschen sich: Karriere und Familie müssen miteinander vereinbar sein. Doch warum wird aktuell die Forderung gestellt, dass auch Vorstände einen gesetzlichen Anspruch auf Babypause haben sollen? Machen Mann oder Frau nur noch dann Karriere, wenn der Vorstandsposten erklommen ist? Dann wären also alle anderen Führungskräfte und „normale“ Angestellten karrieretechnisch Versager? Können wir von einem Vorstand nicht erwarten, dass er seine privaten Belange hinter den Beruf zurückstellt? Schließlich verdient er dafür auch deutlich mehr; ein DAX-Vorstand das 52-fache der Mitarbeiter. Im Schnitt immerhin 3,5 Mio. Euro pro Jahr.
Ja, weibliche wie männliche Vorstände haben mit allen anderen Menschen eines gemeinsam: sie sind auch nur Menschen. Sie zeugen Kinder. Werden von Krankheiten erwischt. Ihre Eltern können zum Pflegefall werden. Und ja, auch ein Vorstand muss – neben den beruflichen Belangen – die Herausforderungen des Lebens irgendwie meistern.
Doch ein Vorstand ist nicht irgendein Mitarbeiter. Ein Vorstand ist ein Anführer. Und als Anführer sollte er / sie sich auch wie ein Anführer benehmen. Denn Führung ist keine Rosinenpickerei. Heißt: Wenn eine Babypause notwendig ist, nicht weitere gesetzliche Rahmenbedingungen fordern (den Mutterschutz gibt es ja schon). Stattdessen einfach machen und mit den Weggefährten im Unternehmen eine individuelle Lösung finden.
Eine Babypause braucht die richtige Unternehmenskultur. Und nicht behütende Gesetze. Nicht der Staat ist gefragt, sondern die Anführer selbst.
DIE OPFERFRAGE
Mir scheint es, dass wir mittlerweile in einer Zeit leben, in der sich jeder irgendwann als benachteiligte Minderheit fühlt. Ständig tauchen neue Bewegungen auf, die entrüstet anprangern, wie sehr sie in der Gesellschaft benachteiligt werden und dadurch zu Schaden kommen. In vielen Situationen ist das gerechtfertigt. Aber sind Vorstände ein Opfer, das besonders geschützt werden muss?
Sie können nur dann Opfer sein, wenn es auch einen Täter gibt. Wenn also Vorstände das Opfer sind, wer ist dann der Täter? Das Aktiengesetz? Nur weil es fordert, dass die Verantwortungsträger – solange sie in Amt und Würden sind – von ihrer Haftung nicht befreit werden können?
Vorstand sein ist eine freiwillige Entscheidung. Die muss niemand treffen. Wer das Mandat eines Vorstands annimmt, bekommt damit nicht nur einen hohen Gehaltsscheck, besondere Vertragsgestaltungsoptionen und weitere Annehmlichkeiten. Er muss auch den Preis bezahlen, den das Amt von ihm einfordert. Und der ist im Wesentlichen: Verantwortung übernehmen und Haftung tragen. Wer das nicht kann oder will, muss sein Mandat niederlegen.
Wer jetzt fordert, dass Vorstände, diese Verantwortung auf Pause stellen dürfen, inszeniert damit ein neues Vorbild. Und zwar davon, dass es OK ist, von Verantwortung – auch wenn es nur temporär ist – zurückzutreten. Dass persönliche Karriere und individuelle Familienplanung wichtiger sind als die Verantwortung für Aktionäre und Arbeitsplätze. Doch genau darüber beklagen sich Führungskräfte auf anderen Ebenen heute schon: “Die Mitarbeiter sind nicht mehr bereit, Verantwortung zu übernehmen. Anstrengungsbereitschaft: Fehlanzeige. Und so versinken Qualität und Ergebnisse viel zu oft im Mittelmaß.”
Für mich ist die Diskussion rund um die Babypause von männlichen wie weiblichen Vorständen Ausdruck einer dekadenten Lebenseinstellung, die gerne immer mehr Vorzüge fordert – aber nur selten bereit ist, den Schmerz auszuhalten. Statt sich zum Opfer zu machen und neue Gesetze zu fordern, sollte ein starker Anführer in seinem Unternehmen für eine Arbeitskultur sorgen, in der flexibles Arbeiten möglich ist. Sowohl für Mitarbeiter, als auch für Vorstände.
DIE KINDERFRAGE
Drehen wir den Spieß mal um. Mit der Geburt beginnt die Babypause für den Vorstand. Er bleibt sechs Monate Zuhause und kümmert sich nur noch um Babyflasche, Windeln wechseln und sein Vaterdasein. Volle Verantwortung fürs Kind.
Nach sechs Monaten ist Schluss damit. Genug Vater gewesen. Er kehrt wieder in sein Vorstandsmandat zurück. Mit Vollgas geht er wieder seinen Aufgaben nach. Von seiner Zeit bekommt das Kind die nächsten 18 Jahre wenig ab. Immer wieder höre ich Offenbarungen von arbeitsfreudigen Männern, die übrigens nicht alle Vorstand waren: „Meine Frau sagt immer, sie war alleinerziehend“. Es war die individuelle Familienentscheidung, Arbeits- und Familienleben genauso aufzuteilen.
Wenn Vorstände nun eine verlängerte Babypause machen sollen, stellen sich weitere Fragen:
Sind die sechs Monate Babypause für einen Vorstand wirklich das A und O, um am Ende sagen zu können: Ich habe Familie und Karriere unter einen Hut bekommen können?
Ist es nicht viel wichtiger, wie man sich über Jahre hinweg um seine Kinder kümmert – anstatt fürs gute Gewissen anfangs nur ein paar Wochen oder wenige Monate Pause vom Job zu machen?
Manche Kinder werden im Alter von 10 Jahren schon aufs Internat geschickt — hört das dann auf, wenn die Eltern mehr Elternzeit bekommen? Oder spielen hier andere Gründe eine Rolle?
Wäre es nicht an der Zeit, dass statt Vorständen die Kinder anfangen zu protestieren: „Eltern sollen uns nicht nur zeugen, sondern sich auch ordentlich um uns kümmern!“
Wer sich für Kinder entscheidet, übernimmt mit dem Zeugungsakt eine Verantwortung. Und wer sich für ein Vorstandsmandat entscheidet ebenso. Wenn der Job so fordernd ist, dass Familie und Beruf nicht vereinbar sind, dann müssen Sie eine Entscheidung treffen. Bleiben Sie Vorstand und setzen Karriere über alles? Suchen Sie sich einen anderen Job, in dem Sie mehr Zeit für die Kinder haben? Oder tüfteln Sie Ihren persönlichen Weg aus, wie Sie Ihr Familien- und Berufsleben gestalten?
Diese Herausforderung haben nicht nur Vorstände.
Was ist mit LKW-Fahrern, die tage- oder gar wochenlang unterwegs sind?
Soldaten im Auslandseinsatz?
Ärzten im Krankenhaus, die neben dem beruflichen Alltag immer wieder zusätzliche Nachtschichten (Dienste) schieben?
Unternehmern, Gründern und Selbständigen?
Sie alle haben mehr oder weniger lange Phasen, in denen sie wenig Zeit für die Kinder und ein Privatleben haben. Weil Sie sich dazu entschieden haben, genau diesen Job zu machen. Sollen wir für all diese Gruppen auch als Gemeinschaft aufkommen? Beschweren sich als nächstes die Eltern, dass sie nur während der Sommerferien mit den Kids in den Urlaub fahren können und deswegen die Preise zu hoch sind?
Zu fordern, dass sich das berufliche und gesellschaftliche Umfeld den privaten Wünschen und Ansprüchen anpasst, ist verständlich. Aber auf Vorstandsebene ein Gesetz zu fordern, das ein Recht auf Freizeit verbrieft, ist ein Schritt in die falsche Richtung. Denn es setzt Individualismus über die Verantwortung für das Kollektiv.
DIE VERANTWORTUNGSFRAGE
Kinderwunschplanung und Familienleben sind Privatsache. Hier können Sie machen, was Sie wollen. Und das ist auch gut so. Doch egal, wofür Sie sich privat entscheiden — aus Unternehmenssicht gibt es einen Anspruch, der bleibt: Verantwortung.
Wer Verantwortung übernimmt, trägt diese auch. Verantwortung können Sie nicht delegieren. Und ein Vorstand trägt nun mal die volle Verantwortung.
Zu fordern, dass er oder sie unter bestimmten Umständen für bis zu sechs Monate davon befreit wird – um danach nahtlos wieder das Amt zu übernehmen, ist ein kindlicher Glaube. Wer Verantwortung übernimmt, befindet sich nicht in einem Wunschkonzert.
Wie soll eine erzwungene Vorstandspause überhaupt praktisch funktionieren?
Sollen die anderen Vorstände gezwungen werden, sich während der Auszeit mal eben in das Verantwortungsgebiet des Pausierenden einzuarbeiten und dessen Haftung zu übernehmen?
Soll jemand anderes für ein halbes Jahr einspringen und für Dinge die Verantwortung tragen, deren Vor- und Entwicklungsgeschichte er nicht kennt?
Beide Optionen sind möglich. Jedoch sollte niemand in einem liberalen Wirtschaftsystem dazu gezwungen werden. Denn entscheidend wird es jetzt:
Wer trägt die Verantwortung und die Konsequenzen, wenn plötzlich Probleme auftauchen?
Die Antwort kennen wir: Niemand! Es wird zu bizarren Streitereien kommen, in denen mühsam versucht wird, aufzuzeigen, wann das Leid seinen Ursprung nahm. Alles nur, um den Schuldigen zu finden — dem man die Schuld im Zweifel doch nicht beweisen kann. Die moderne Management-Geschichte zeigt immer wieder: Bereits jetzt kassiert der ein oder andere Verantwortungsträger gerne die Lorbeeren. Doch wenn es darum geht, die Zeche zu zahlen, sind sie die ersten, die verschwinden. Doch der Schaden bleibt. Jüngstes Beispiel: Wirecard.
In Gesprächen mit Unternehmern fällt mir immer wieder eine Haltung auf: “Verantwortung können Sie nicht delegieren.” Vielleicht liegt es daran, dass bei einem Unternehmer Verantwortung und Kapital in einer Hand liegt.
Doch egal ob Unternehmer oder Vorstand — Wenn Sie Anführer sein wollen, dann verhalten Sie sich auch wie einer. Und ein Anführer macht keine Pause, wenn es um seine Verantwortung geht. Im Gegenteil: Er trifft seine Entscheidung und bezahlt den Preis dafür.
Doch das heißt keineswegs, dass er dafür unmenschliche Leistungen erbringen muss. Selbst eine Babypause ist möglich.
BABYPAUSE BRAUCHT KULTUR; KEIN GESETZ!
Eines sollten wir bei der Diskussion in unserem modernen, westlichen Staat nicht vergessen: In unseren Unternehmen geht es um Leben und Tod. Wer im harten Wettbewerb nicht mithalten kann, Innovationen verschläft oder sich dem schnellen, scharfen Wandel nicht anpassen kann, stirbt aus. Jedes Unternehmen, das Leute entlassen oder gar Insolvenz anmelden muss, weiß wovon ich spreche.
Ich finde es richtig, dass das Aktiengesetzt einen Vorstand – egal ob Mann oder Frau, ob Vater, Mutter oder kinderlos – nicht aus der Verantwortung entlässt. Wer als Vorstand ein starker Anführer ist und einen loyalen Clan anführt, braucht auch keine gesetzliche Sonderbehandlung. Er sorgt einfach für eine individuelle Lösung, um Baby, Krankheit oder Pflege mit den beruflichen Anforderungen unter einen Hut zu bekommen.
Außerdem wird ein Vorstand sowieso nur für fünf Jahre berufen. Ob er danach wiederberufen wird, ist nicht garantiert. Statt also ein neues Gesetz zu fordern, sollten Sie als Anführer lieber an der richtigen Unternehmenskultur arbeiten, die ein flexibles Miteinander leichter macht. Hier fünf praktische Hebel, die Sie jederzeit in Bewegung bringen können:
1.) INDIVIDUELL VERHANDELN
Starke Anführer entwickeln ein Umfeld, in dem sie mit den Menschen verlässlich zusammenarbeiten. Sowohl mit Führungskollegen als auch mit dem Aufsichtsrat. Bei Fragestellungen machen sie einfach das, was sowieso in den meisten Fällen hilft: miteinander reden.
In Absprache mit allen Beteiligten kann ein Vorstand jederzeit eine individuelle Lösung finden, um seine Zeit in besonderen Lebenssituationen flexibler einzuteilen. Dafür braucht es kein Gesetz. So kann er / sie sich um Baby, Krankheit oder Eltern kümmern und trotzdem das Mandat zu behalten. Sie können z.B. eine Absprache finden, um den Vorstandsvertrag kurze Zeit ruhen zu lassen. Oder Sie arbeiten einfach aus der Ferne mit Standgas weiter. Ständig physisch anwesend müssen Sie in der heutigen Zeit nicht mehr sein.
2.) MODERNE ERREICHBARKEIT
Die moderne Technik macht es möglich — und Corona hat uns dazu gezwungen, es nun auch umzusetzen. Die Arbeit von unterwegs ist möglich. Sie können sich als Vorstand in Babypause jederzeit mit Ihrem Team abstimmen. Dazu müssen Sie nicht 24h im Büro sitzen. Es reicht, wenn Sie sich eingebunden halten. Und mal ehrlich: Kennen Sie einen Vorstand, der Interesse daran hat, sechs Monate lang gar nichts mehr von seinem Job zu hören? Ich kenne keinen einzigen. Und wenn doch, würde ich der Person die Frage stellen: Bist Du eigentlich noch im richtigen Job?
3.) ANDEREN MENSCHEN RAUM GEBEN
Wenn Sie gut geführt haben, können Ihre Teams sowieso hervorragend ohne Sie arbeiten. Eine Ihrer wichtigsten Führungsmaximen lautet dann: Nicht stören! Sie führen auf Augenhöhe und genießen natürliche Autorität. Wenn es im Alltag schon gut ohne Sie läuft, warum sollte es dann zu großen Problemen kommen, wenn Sie für eine Weile nur noch virtuell erreichbar sind? Eine vorübergehende Auszeit ist eine Frage von Vertrauen, Führung und Vorbereitung.
4.) VERTRAUEN
Wenn Sie Ihre wichtigen Schlüsselpositionen mit Menschen besetzt haben, denen Sie vertrauen; mit denen Sie vielleicht sogar schon längere Zeit hervorragend zusammenarbeiten. Dann können Sie das „Risiko“ einer Babypause auch ohne Haftungssorgen eingehen.
Sie vertrauen dann darauf, dass niemand Ihre Abwesenheit missbraucht, um Mist zu bauen. Im Gegenteil: Sie gehen davon aus, dass jeder alles dafür tut, um gute Ergebnisse fürs Unternehmen und damit für den ganzen Clan zu erzielen. Und dann haben Sie auch keinen Schiss davor, Ihr Mandat zu behalten und die Haftung zu tragen, auch wenn Sie temporär nicht Vollzeit im Job eingebunden sind.
5.) BLICK IN DEN SPIEGEL
Und mal unter uns: Warum fordern Sie als Vorstand überhaupt diese Sonderregeln? Genießen Sie nicht schon genug Privilegien? Haben Sie Angst, dass Sie – sollten Sie Ihr Mandat mal niederlegen – danach keinen adäquaten Job mehr finden? Was ist los mit Ihrem Selbstbewusstsein?
Worum geht’s also wirklich?
Was ist also eigentlich das Problem hinter der elitären Diskussion um die Samthandschuh-Behandlung von Vorständen? Um das Wohl der Kinder geht es mit Sicherheit nicht.; denn die brauchen mehr als nur sechs Monate Zuwendung. Mit der Gleichberechtigung von Mann und Frau kann die Diskussion auch nichts zu tun haben; denn sowohl männliche wie weibliche Vorstände können ihr Mandat derzeit nicht pausieren lassen.
Vielleicht ist die Forderung nach gesetzlicher Behütung der Vorstände eher die Folge von schlechten Unternehmenskulturen. Einem Arbeitsumfeld, in dem es an Gemeinschaftssinn, Verlässlichkeit und Vertrauen fehlt. Eine Kultur, der es an Eigenverantwortung und Selbstbestimmung der Menschen fehlt. In der nicht miteinander gesprochen und vertrauensvolle Absprachen gefunden werden können. Und wenn Werte wie diese nicht vorhanden sind, dann braucht es eben Papa Staat und Mutter Gesetz, um für Regeln, Vorgaben und Verbote zu sorgen, um die Anführer zu schützen.
Aber wollen Sie von solch einem Anführer angeführt werden, der diese Art von Behütung einfordert? Und wäre es nicht viel sinnvoller, statt an Gesetzen, an der Arbeitskultur in den Unternehmen zu arbeiten? Gelebter Respekt und Vertrauen lösen manches Problem. Und ermöglichen mit Sicherheit auch Babypausen. Ganz ohne behütenden Staat und neue Gesetze.
Eines noch...
Das Stärkste,
was Sie tun können, ist:
Gegenwart machen!
Für und mit den Menschen.
Führung muss menschlicher, aber nicht weicher werden
In der Öffentlichkeit präsentieren wir uns gerne als gut gelaunt, positiv und voller Tatendrang. Doch in vertrauten Gesprächen begegnet mir häufig ein anderes Bild. Führungskräfte klagen über Schlafstörungen, Erschöpfung, Nacken- und Kopfschmerzen. Klar, Wirtschaft ist im übertragenen Sinne ein Spiel um Leben und Tod. Aber das heißt noch lange nicht, dass erfolgreiches Wirtschaften menschen-unfreundlich sein muss.
In der Öffentlichkeit präsentieren wir uns gerne als gut gelaunt, positiv und voller Tatendrang. Doch in vertrauten Gesprächen begegnet mir häufig ein anderes Bild. Führungskräfte klagen über Schlafstörungen, Erschöpfung, Nacken- und Kopfschmerzen. Klar, Wirtschaft ist im übertragenen Sinne ein Spiel um Leben und Tod. Aber das heißt noch lange nicht, dass erfolgreiches Wirtschaften menschen-unfreundlich sein muss.
Im Corona-Zeitalter wird fleißig darüber spekuliert, wie gut die Welt nach der Krise wird. Es ist beeindruckend, dass ein Virus, dessen Bedrohlichkeit wir nach wie vor noch gar nicht wirklich kennen, ausreicht, um einem ganzen Volk die rosarote Brille aufzusetzen. Es wird von Solidarität geschwärmt. Einem neuen Zeitalter des Miteinanders. Fehlt nur noch ein Wiederaufleben des Spruches „Wir schaffen das!“. Dabei gibt es in deutschen Firmen bereits seit Jahren dringenden Handlungsbedarf.
Der Spiegel titelte: Deutschland ist Frustweltmeister. Denn eine globale Studie hat 80 Millionen Antworten aus Mitarbeiterumfragen ausgewertet. Ergebnis: Jeder Vierte geht demnach in Deutschland unmotiviert ins Büro.
Woran liegt das? Es gibt viele Gründe. Einer ist, dass nach wie vor viele Führungskräfte Macht und Hierarchie missverstehen. Wer eine Führungsposition bekommt, soll sich damit nicht ein schönes Leben machen. Sondern hat Verantwortung für die Menschen, die er führt. Doch Egozentrierung, tote Streitkultur und der Drang, gewinnen zu wollen, lenken den Fokus mancher Führungskraft leider in die falsche Richtung. Führung wird so vom Erfolgs-Wegweiser zur Abkürzung in Richtung Untergang.
Zum Glück verdienen die Mitarbeiter in Deutschland mehr als in vielen anderen Ländern der Erde. Da lässt sich das Büro schon irgendwie aushalten. Ja, das private pro Kopf Geldvermögen ist zwar deutlich gestiegen. Aber wenn wir den Analysen glauben, dümpelt die subjektive Lebenszufriedenheit auf einer Seitwärtsbewegung vor sich hin.
Wer jetzt denkt, Unternehmer oder Führungskraft müsste man sein – dann ist die Welt in Ordnung. Von wegen. Schlafstörungen, Überlastung bis hin zum Dilemma, zwar viel Geld zu verdienen, aber mit dem Job nicht zufrieden zu sein. Außerdem zeigt sich in meinen Coachings: überraschend häufig rauben private Probleme den Anführern wertvolle Energie. Auseinandergelebte Ehen, Affären, Familienstreits, Alkohol- oder Drogensucht bis hin zu Erpressungen aus dem Rotlichtmilieu. Und glauben Sie mir: Man sieht es den Menschen vorher meist nie an. Wir sind eben alle gut im Schauspielern.
Die simple Wahrheit
Das Gute an den geschilderten Problemen ist: sie sind menschenverursacht. Wir haben sie uns selber eingebrockt. Also können wir sie auch selber lösen. Wir sind der Situation nicht hilflos ausgeliefert, wenn sie uns nicht gefällt. Wir müssen die Situation sogar anpacken und verbessern. Denn wir sprechen über das wertvollste, was ein Mensch aufs Spiel setzen kann: unsere Lebenszeit.
Der Haken ist, dass wir in unserer Kultur den Tod meisterhaft verdrängt haben. Wir leben in einer Illusion von Unendlichkeit. Doch der Tod verschwindet nicht, nur weil Sie nicht mehr hinsehen. Im Gegenteil: Er kommt Ihnen jeden Tag, jede Minute, jeden Augenblick ein Stückchen näher.
Wer sich jetzt versucht, in eine gesunde Work-Life-Balance zu retten, hat schon verloren. Denn was bedeutet dieser Begriff? Sie unterscheiden mit ihm zwischen Ihrem Leben und der Arbeit. Heißt: Wenn Sie arbeiten, leben Sie nicht mehr.
Im besten Fall ist Work-Life-Balance also ein netter Versuch, die Lebenszeit während der Arbeit auf Pause zu stellen. Funktioniert nur leider nicht. Denn ob Leben oder Arbeit: Ihre Uhr tickt unaufhörlich.
Der Blick nach innen
Wahrheit tut weh. Deswegen klappt es meist besser, Probleme bei anderen zu diagnostizieren als selber in den Spiegel zu schauen.
Andere erkennen ist weise. Sich selbst erkennen ist Erleuchtung.
— Laotse
Manche Führungskraft traut sich ins Kloster, um in der Zeit des Schweigens, mehr über sich zu erfahren. Die Corona-Zwangspause zeigt: Es geht auch einfacher. Sie können sich diese Momente der Reflektion jeden Tag nehmen. Wenn Sie das wollen. Es bringt viel mehr, jeden Tag ein bisschen achtsam zu sein, als nur einmal im Jahr, während des Klosteraufenthalts. Ich nenne das: Alltags-Achtsamkeit.
Was halten Sie davon, wenn wir die Corona-Situation nutzen, um uns Zeit für den Blick nach innen zu nehmen. Statt darauf zu hoffen, dass die rosarote Zukunft nach Corona von alleine besser wird, übernehmen wir heute bereits Verantwortung und handeln.
Zur Erkenntnis brauchen Sie nur zwei Dinge:
Erstens, eine ehrliche Beschreibung Ihres aktuellen Standorts. Welchen Lebensweg haben Sie hinter sich? Wo stehen Sie?
Zweitens, eine verlockende Beschreibung Ihres Ziels. Wo wollen Sie hin? Ich nenne das: Horizont.
Schreiben Sie mir, dann sende ich Ihnen eine kurze Anleitung zu, wie Sie Ihren persönlichen Horizont entwickeln können. Wer es ausführlicher will, dem empfehle ich mein Buch.
Wenn Sie also wollen, dass die Wirtschaft sich verändert. Dass die investierte Zeit im Job, keine Verschwendung, sondern Erfüllung ist, dann fangen Sie am besten damit an, sich selbst zu verändern.
Geld regiert die Welt
Was ist das Ziel eines Unternehmens? Machen wir uns nichts vor: natürlich Gewinn maximieren. Das sagt heute nur niemand gerne öffentlich, da es nicht mehr dem Zeitgeist entspricht. Stattdessen hören wir etwas von „Purpose“, Sinn und erfahren, wie sich die Unternehmen einen ökologisch grünen Anstrich verpassen.
Die Trendwende ist gut und richtig. Denn die Corona-Krise ist winzig im Vergleich zu dem, was an Taifun auf uns zurollt: die tödlichen Bedrohungen durch den Klimawandel. Der Klima-Krise können wir nicht begegnen, indem wir einfach alle Zuhause bleiben oder mit Mundschutz hoffen, dass wir verschont bleiben. Die Probleme der Klima-Krise werden schmerzhafter zuschlagen.
Dann reichen nicht nur schöne Worte. Entschlossene Taten jenseits des puren Gewinnstrebens sind gefragt. Am besten jetzt.
Aber haben wir das Diktat der Gewinnmaximierung schon abgelegt? Stellen wir uns einen Vorstandsvorsitzenden einer börsennotierten Gesellschaft vor. Auf der Jahreshauptversammlung erzählt er: „Wir haben unsere Umweltziele voll erreicht und arbeiten klimaneutral. Außerdem glänzen wir durch die höchste Kundenzufriedenheit der Branche mit einem NPS von 9,7. Und auch die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter konnten wir deutlich steigern. Nur leider haben wir unser Gewinnziel nicht erreicht und liegen 7,6% hinter Vorjahresniveau.“
Würden dann alle sagen: Super – Die Firma hat in Umweltschutz, Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit investiert? Oder ist der Vorstand angezählt und seine internen Wettbewerber sägen bereits gierig an seinem Stuhl?
Wie sieht es bei den Mitarbeitern aus? Wird der Druck jetzt erhöht, da viel (= die Karriere des Vorstandsvorsitzenden) auf dem Spiel steht? Sorgt die Hierarchie für ein Klima von Angst und Schrecken, damit die Mitarbeiter alles tun, um die finanzielle Notlage so schnell wie möglich zu lösen? Oder vertraut man, dass die Mannschaft alles gegeben hat – die finanziellen Ziele trotzdem nicht geschafft wurden – und es im neuen Jahr mit neuer, gemeinsamer Energie nach vorne geht – neues Spiel, neues Glück?
Wirtschaft nicht mit, sondern für den Menschen
Was gut und richtig ist in einer Gesellschaft, hängt von ihren Werten ab. Und welche Werte einer Gesellschaft wichtig sind, hängt davon ab, welche Werte jedem Einzelnen von uns wichtig sind.
Deswegen beginnt die Veränderung bei Ihnen. Wie wollen Sie zukünftig arbeiten?
Schaffen wir es, uns als Knecht der gewinnmaximierenden Legebatterien zu befreien? Gewinn, Sinn und Nachhaltigkeit müssen kein Widerspruch sein. Sie können Gewinn machen und etwas Sinnvolles zur Gesellschaft beitragen und nachhaltig mit der Natur umgehen.
Doch das schaffen Sie nicht alleine. Dazu brauchen Sie Mitstreiter. Menschen, die ebenfalls in dieser Zukunft leben wollen. Eine Zukunft, in der wir gerne leben wollen. Und in der wir auch (über-)leben können.
Dazu darf Wirtschaft weder die Natur schamlos vergewaltigen noch den Menschen als Leistungsroboter missbrauchen. Wirtschaft muss für und mit den Menschen gestaltet werden. Dazu muss im ersten Schritt die Führung menschlicher werden. Sie darf jedoch in der Sache nicht weich werden. Denn die Probleme der Menschheit sind dringend, und wir brauchen in Unternehmen keinen Spielplatz für Erwachsene, sondern Lösungen und Ergebnisse.
Das neue Credo lautet:
Planet – People – Profit.
Und wer weiß: Vielleicht haben wir so auch wieder mehr Freude daran, ins Büro zu gehen, wenn Geld, Sinn und Nachhaltigkeit auf einmal kein Widerspruch mehr sind.
Im Herbst 2020 erscheint mein neues Buch zum Thema „Führung“. Melden Sie sich in meinem Newsletter an, um rechtzeitig informiert zu werden.
Wenn Sie Ihre Wirkung verstärken wollen, schauen Sie doch mal in meine Seminare Power of Influence oder Leadership Excellence.
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Gegenwart machen!
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Mut zur Haltung — Und unser Umgang mit Problemen
Wenn ich das Wort „Problem“ verwende, schrecken viele Menschen auf. Sie entgegen mir: „Das ist kein Problem. Sondern eine Herausforderung.“ Ich halte dieses Heile-Welt-Getue für gefährlich. Denn wenn das Wort Problem schon zu einem Problem geworden ist — wie wollen Sie dann die echten Probleme im Alltag lösen?
Wenn ich das Wort „Problem“ verwende, schrecken viele Menschen auf. Sie entgegen mir: „Das ist kein Problem. Sondern eine Herausforderung.“ Ich halte dieses Heile-Welt-Getue für gefährlich. Denn wenn das Wort Problem schon zu einem Problem geworden ist — wie wollen Sie dann die echten Probleme im Alltag lösen?
Was ist nur los in Deutschland? Ob Corona-Virus, Gender-Diskussion oder Impfgegner. Anscheinend ist ein Teil der Bevölkerung zu einem hypersensiblen Neurotiker geworden, dessen Nerven sowas von blank liegen, dass der kleinste Windstoß genügt, um einen emotionalen Orkan auszulösen.
Demokratie in Gefahr
In diesem absurden Schauspiel gehen wir sogar soweit, dass wir die Grundsätze unserer Demokratie aushebeln. Und keiner beschwert sich! Im Gegenteil: Das Bespucken demokratischer Prinzipien wird auch noch gefeiert.
Ich meine damit den Fall Thüringen. Es wurde ein FDP-Mann zum Ministerpräsidenten gewählt. Alles verlief genauso, wie es die demokratischen Spielregeln vorschreiben.
Und dann der Aufschrei: Das Ergebnis sei nicht hinnehmbar! Begründung: Die Wahl konnte nur mit den Stimmen der AfD gewonnen werden. Und solch ein Ergebnis dürfe man nicht akzeptieren. Forderung: Neuwahlen.
In meiner Wahrnehmung feierten das nicht nur die Medien, sondern auch die Öffentlichkeit. „Keinen Millimeter nach rechts!“ Eine wie ich finde richtige und sinnvolle Haltung. Doch dafür die Spielregeln unserer Demokratie aushebeln, nur weil wir mit einem Wahlergebnis nicht einverstanden sind?
Ich bin kein AfD-Wähler und stehe einigen Aussagen von Parteimitgliedern sehr kritisch, manchmal sogar fassungslos gegenüber. Aber: Die AfD ist - während ich das hier schreibe - immer noch eine demokratisch gewählte und nicht verbotene Partei in Deutschland. Und andere Meinungen muss unsere Demokratie, müssen wir, aushalten!
Was kann denn der FDP-Mann dafür, wer ihn wählt? Es wäre ein toller Moment gewesen, um als Politiker Führungsstärke zu zeigen. Stattdessen brach der Gewählte unmittelbar ein.
Stark wäre gewesen, wenn er die Wahl angenommen hätte. Und zwar trotz aller Aufschreie und Kritiken. Und dann ein Statement abgibt: „Ich werde meinen politischen Kurs genauso verfolgen, wie ich ihn vor der Wahl dargestellt habe! In welche politische Richtung die Wähler schauen, die mich gewählt haben, beeinflusst meinen Kurs nicht einen Millimeter. Null. Nada! Und damit wir uns richtig verstehen: Ich stehe auch nicht in der Schuld von irgendjemanden, nur weil er mir seine Stimme gegeben hat!“
Fehlender Mut zur Haltung
Aber starke Anführer haben wir in der Politik anscheinend nicht. Auf mich wirken die politischen Figuren eher wie Fahnen im Wind. Das Ziel: Gemocht zu werden. Der Weg: Bloß keine klaren Botschaften. Bloß keine Wählerstimmen riskieren.
Extrem treibt es die CDU für mich aktuell auf die Spitze. Denn eine Führungsspitze wollen dort viele schon nicht mehr. Doppelspitzen sind nun der Zeitgeist. Keiner will alleine Verantwortung tragen. Bis hin zu: Es muss eine Mann-Frau-Doppelspitze sein, sonst wäre man als Partei nicht mehr zeitgemäß.
Die Politik ist für mich ein Spiegelbild dessen, was ich in vielen Unternehmen erlebe - und auch im Alltag unserer Gesellschaft. Es fehlt der Mut zur Haltung.
Haltung bedeutet, eine Meinung zu haben. Haltung bedeutet, den Mund aufzumachen und zu seiner Meinung zu stehen. Haltung bedeutet, sich eindeutig mit seiner Meinung zu positionieren. Klartext statt Weichspüler!
Doch Klarheit hat einen Preis:
Je klarer Sie in Ihren Aussagen werden, desto mehr Menschen lehnen Sie ab.
Klarheit führt zu Ablehnung
Wenn es in der Öffentlichkeit geschieht, hat ablehnen im Neudeutschen einen neuen Namen bekommen: „Shitstorm“. Im kleineren Alltag nennen wir es Konflikt. Und da haben wir Schiss vor.
Und so erleben wir in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft immer mehr Menschen, die ihre Meinung in verbalem Weichspüler verstecken. So weiß niemand, wofür die Person inhaltlich steht. Ist für die Person aber auch nicht schlimm, denn durch die weichgespülten, politisch korrekten Aussagen eckt sie wenigstens nirgendwo an.
Eltern sprechen am Elternabend die kritischen Themen nicht an, aus Sorge, der Lehrer rächt sich mit schlechten Noten am Kind. Gleichzeitig spricht kein Lehrer mehr Klartext mit den Schülern. Auch wenn „Sie haben in Mathe eine 5, weil Sie faul waren!“ der Wahrheit entspricht, schweigt der Lehrer lieber, aus Sorge, dass die Helikoptereltern ihm das Leben schwer machen.
In Unternehmen kritisiert keiner den Chef, weil alle Sorge davor haben, dass ihr inhaltlich guter Einwand zu einem Ende der Karriereleiter führt. Verständlich: Zuhause will das Haus bezahlt und die Familie gefüttert werden. Gleichzeitig bietet niemand dem nervigen Kunden die Stirn, der völlig überzogene Forderungen stellt. „Der Kunde ist König“ heißt heute „Customer Centricity“, also verbiegen und verbeugen sich viele anstatt ihren Kunden souverän auf Augenhöhe zu begegnen.
Das Problem mit dem Problem
Vielleicht denken Sie sich jetzt: „Die bisher genannten Beispiele sind ja auch heikle Themen. Da geht der Betroffene ein persönliches Risiko ein, indem er sich offen mit seiner Meinung positioniert.“ Richtig. Deswegen rate ich Ihnen auch: Choose Your Battles. Wählen Sie die Schlachten, in die Sie ziehen.
Und trotzdem: Die Sorge vor „blauen Flecken“, die Angst vor Konflikt und sozialer Missbilligung darf uns nicht davon abhalten, das Richtige zu tun. Und das Richtige ist zumindest, dass wir wahrhaftig miteinander umgehen.
Der Preis des verbalen Weichspülens ist groß. Denn die Angst vor den großen „Schmerzen“ hat sich bereits so in die Seele einiger Menschen gefressen, dass selbst bei kleinsten Kleinigkeiten der „Mut“ zur Haltung fehlt.
In einem Führungsworkshop erläuterte ich meine These: Veränderungen führen zu Problemen. Wenn nicht sofort, dann auf jeden Fall im Laufe der Zeit. In der Pause kam eine Mitarbeiterin auf mich zu. Sie sagte: „Herr Holzer, wir dürfen das P-Wort hier nicht verwenden“. Irritiert schaue ich Sie an: „Welches P-Wort meinen Sie?“ Sie schaut auf das Flipchart und zeigt auf das Wort „Problem“.
Reden Sie Klartext
Ich weiß, dass Worte Kraft und Wirkung haben. Deswegen sollten Sie auch nicht von einem dominanten Gesprächspartner reden. Denn „dominant“ impliziert automatisch, dass Sie sich Ihrem Gesprächspartner unterordnen. Sprechen Sie also lieber von einem anspruchsvollen, oder von einem schwierigen Gesprächspartner.
Aber fangen Sie bitte nicht an, das Wort Problem weichzuspülen. Herausforderung. Möglichkeiten. Chance. Lassen Sie den Quatsch!
Ich hatte in der Schule Mathe Leistungskurs. In jeder Stunde schrieb ich: Problem Doppelpunkt. Und dann? Lösung Doppelpunkt. Genauso wie Tausende andere Mathematiker. Naturwissenschaftler. Forscher. Weltweit. Täglich.
Probleme sind nichts Schlimmes. Probleme sind gut. Denn Probleme sind zum Lösen da. Punkt!
Ruhig bleiben
Es ist unglaublich hilfreich, wenn Sie sich daran gewöhnen, den Begriff Problem ohne Scheu zu verwenden. Denn Ihr Leben ist voller Probleme.
Während der Besprechung haben Sie Durst, aber das Wasser ist leer. Was machen Sie? Lösen, indem Sie neue Flaschen organisieren.
Sie haben viel getrunken und müssen während des Meetings auf Toilette. Was machen Sie? Lösen, indem Sie aufstehen und das WC besuchen.
Am Waschbecken gibt es keine Handtücher mehr. Was machen Sie? Lösen, indem Sie Toilettenpapier verwenden.
Ihr Leben ist voller Probleme. Und nun halten Sie bitte einen Augenblick inne — und denken Sie über folgende Frage nach: Wie viele Probleme haben Sie, die Sie einfach lösen — ohne dass Ihnen überhaupt bewusst geworden ist, dass Sie ein Problem haben?
Richtig: 99,9%!
99,9% Ihrer Probleme lösen Sie einfach so. Ohne mit der Wimper zu zucken. Es sind diese wenigen 0,1% der Probleme, die plötzlich wie ein tödliches Monster Ihre Emotionen hochkochen lassen.
Vor vielen Jahren bekam ich die Diagnose Krebs. Das ist ein tödliches Problem. Im Vergleich dazu erscheinen mir die 99,9% der anderen Probleme meines Lebens geradezu lächerlich.
Das Blöde ist: Für viele Menschen lösen diese 99,9%-Harmlos-Probleme ähnliche Gefühle aus wie die 0,1%-Gefahr-Probleme. Das geht mir - trotz der blöden Krebs-Erfahrung - auch manchmal so. Aber das sollte uns nicht in die Falle führen, dass wir wegen unangenehmer Gefühle gleich alle Probleme verteufeln.
Nochmal: Sie lösen 99,9% aller Probleme, ohne dass Sie merken, überhaupt ein Problem gehabt zu haben.
Also hören wir mit dem dünnhäutigen Geheule auf. Lassen Sie uns an unserer Haltung arbeiten. Stark werden. Nennen wir das Kind beim Namen: Wir haben ein Problem!
Und dann machen wir das, was Geld bringt. Was unser Überleben sichert. Probleme lösen! Und zwar hart in der Sache. Und immer fair zum Menschen.
Im Herbst 2020 erscheint mein neues Buch zum Thema „Starke Anführer“. Melden Sie sich in meinem Newsletter an, um rechtzeitig informiert zu werden.
Wenn Sie Ihre Wirkung verstärken wollen, schauen Sie doch mal in meine Seminare Power of Influence oder Leadership Excellence.
Eines noch...
Das Stärkste,
was Sie tun können, ist:
Gegenwart machen!
Für und mit den Menschen.
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Warum Menschen keine Verantwortung übernehmen
„Ich suche einen Freiwilligen...“ und schon senken sich alle Blicke. Dabei brauchen wir so dringend Menschen, die Verantwortung übernehmen wollen. Vor allem dann, wenn etwas schief geht. Stattdessen erleben wir überall Meister im Vermeiden. Sei es durch geniale Ausreden. Oder, indem der Schuldige an den Pranger gestellt wird. Verständlich, da beides einfacher ist, als sich den wahren Ursachen zu stellen. Woran das liegt und wie es besser geht, lesen Sie in diesem Beitrag…
„Ich suche einen Freiwilligen...“ und schon senken sich alle Blicke. Dabei brauchen wir so dringend Menschen, die Verantwortung übernehmen wollen. Vor allem dann, wenn etwas schief geht. Stattdessen erleben wir überall Meister im Vermeiden. Sei es durch geniale Ausreden. Oder, indem der Schuldige an den Pranger gestellt wird. Verständlich, da beides einfacher ist, als sich den wahren Ursachen zu stellen. Doch diese Unverantwortung hat einen hohen Preis: Wir lernen daraus nichts. Und die Situation verbessern wir dadurch erst recht nicht.
Das tägliche Lügen-Theater
In den Unternehmen führt dies zu bizarren Situationen. Wenn ein Projekt schief läuft, ist der Druck für die Beteiligten hoch. Und dann muss auch noch der aktuelle Projektstatus ans obere Management gemeldet werden. Statt blutroter Ampel wird einfach ein grünes Signal kommuniziert: Alles OK. Denn jeder erfahrene Projektmanager weiß, dass eine rote Ampel nur zu hektischem und blindem Aktionismus führt, da die verantwortlichen Top-Manager panisch nach einem Maßnahmenpaket zur Kurskorrektur schreien. Sie haben nämlich genauso viel Schiss wie jeder normale Mensch auch. Also lieber lügen, eine grüne Ampel melden und zusehen, dass man es irgendwie schon hinbekommt.
Wenn es dann doch schief geht, bringen erfahrene Spieler des politischen Unternehmens-Parketts rechtzeitig ihre Geschosse in Stellung, denn es gilt: Die Schuld auf jemand anderen schieben. Die Kacke ist zwar am dampfen und es gibt dringenden Handlungsbedarf. Doch statt an Diagnose und Lösungen zu arbeiten, wird vor allem der eigene Hintern erstmal gerettet.
Verantwortung ist gefährlich
Es ist also höchste Zeit, dass Arbeit zu einem lebensfreundlichen Ort wird. Gott sei Dank treibt aktuell die New Work-Welle durch die Unternehmen. Arbeit soll so angenehmer werden. Menschenfreundlicher.
Home Office, damit es sich ohne Stau und stattdessen selbstbestimmt arbeiten lässt.
Shared Leadership, damit auch überforderte Führungskräfte in Teilzeit sich die Verantwortung einer Führungsposition teilen und das Leben endlich genießen können.
Gamifaction, damit Arbeit endlich Spaß macht und der Job zum Hobby wird.
Bis hin zur purpose-driven-Company, denn Geld motiviert nicht; wir brauchen einen tieferen Sinn. Bei Starbucks geht es also nicht um Kaffee, sondern darum, den menschlichen Geist zu inspirieren und zu fördern („Our mission to inspire and nurture the human spirit – one person, one cup, and one neighborhood at a time.“). Volvo baut keine Autos, sondern will, dass niemand mehr in einem Volvo verletzt wird oder stirbt („No one should be seriously injured or killed in a new Volvo car.”). Und Facebook will kein Werbe-Universum bauen, sondern einfach nur die Welt näher zusammen bringen („Give people the power to build community and bring the world closer together.“).
Auch bei meinen Kunden erhalten solche New Work Aspekte Einzug ins tägliche Arbeiten. Und trotzdem: die Menschen haben immer noch Angst. In den Köpfen spukt die Sorge, wer einen Fehler macht, ist arm dran. Bedrohlicher kann es nur noch werden, wenn viele Fehler zum Scheitern führen und der Karren vor lauter Sumpf nicht mehr zu retten ist.
Doch wovor haben die Menschen Angst? Vor Bestrafung. Der Chef merkt sich Ihren Fehler und Sie sammeln so Minuspunkte auf Ihrem Beziehungskonto. Nächste Stufe: Ihre Karriereleiter bekommt wegen der Fehler auf einmal ein gläsernes Dach. Oder es droht sogar die Kündigung, weil Sie in einem Projekt gescheitert sind und richtig Geld verbrannt haben.
Ist die Angst berechtigt? Ja! Jeder vernünftige abhängig Beschäftigte verhält sich vorsichtig, denn Zuhause muss das Brot auf den Tisch. Das Haus will abgezahlt werden. Und, sofern vorhanden, müssen die Kinder durchgefüttert werden. Den sicheren Job und das gute Gehalt will da niemand leichtfertig aufs Spiel setzen. Am besten also erst gar keine Verantwortung übernehmen, dann können Sie am Ende auch nicht bestraft werden, wenn es mal schief geht.
Schwaches Selbstbewusstsein
Es gibt auch noch eine ganz andere Quelle für die weit verbreitete Unverantwortung. Und die hat gar nichts mit anderen Menschen, den äußeren Umständen oder dem vermeintlich sicheren Gehalt zu tun, sondern mit dem, was in Ihrem Kopf passiert. Denn wenn Sie keine Verantwortung übernehmen, also passiv verharren, dann können Sie sich selbst immer eine super Ausrede vorlügen: „Wenn ich Verantwortung übernehmen und mich anstrengen würde, dann würde ich auf jeden Fall XYZ schaffen“. Sie lassen sich also ein Hintertürchen offen, denn Sie müssten ja erstmal aktiv werden, damit Sie Erfolg haben. Da Sie nicht aktiv sind, ist es natürlich auch klar, dass Sie (noch) keinen Erfolg bei “XYZ” haben.
XYZ kann alles Mögliche sein. Eine dringend notwendige Digitalisierungs-Initiative im Unternehmen aufsetzen. Dem Chef mal die ehrliche Meinung sagen. Einen Englisch-Kurs besuchen, um endlich auch in den internationalen Diskussionen mitzuhalten. Den Traummensch, in den Sie sich verschossen haben, ansprechen, um dem Single-Dasein ein Ende zu bereiten. Die Liste ist lang und betrifft Ihr ganzes Leben. Doch wer im „Hätte-Könnte-Müsste“-Modus verharrt, übernimmt keine Verantwortung. Wagt nichts. Und erreicht auch nichts im Leben. Die unangenehme Wahrheit ist: Sie haben Angst davor, einen Fehler zu machen oder zu scheitern. Denn Sie fürchten auch jetzt dafür bestraft zu werden. Und zwar bestraft durch Sie selbst.
Die faule Trägheit
Vielleicht ist es bei Ihnen ja gar nicht so dramatisch, wie zuvor beschrieben. Vielleicht ist alles völlig normal und sind Sie einfach nur faul. Keine Sorge, Faul sein ist nicht schlecht. Vor allem dann nicht, wenn Faulheit auf Intelligenz trifft. Denn aus dieser Kombination können geniale Ideen entstehen. Faule Intelligenz sucht nämlich immer nach einer Abkürzung zum Ziel.
Doch in den Unternehmen hat sich eine gefährliche Art der Faulheit ausgebreitet: Bequemlichkeit. Wenn wir alles so lassen, wie es ist; keine Verantwortung übernehmen, dann ist das bequem. Verantwortung übernehmen, bedeutet dagegen, ein Gewicht zu tragen. Und das ist unbequem.
Zeit zum Aufwachen
Die Zeiten, in denen wir uns den Luxus der Unverantwortung erlauben konnten, neigen sich dem Ende entgegen. Unsere Bequemlichkeit hat den Kapitalismus mit Unmengen an Wachstums- und Fortschrittshormonen geimpft. In den letzten rund 100 Jahren haben wir uns so ein wahnsinnig bequemes Paradies auf Erden gebaut. Alles und jedes ist per Wisch oder Klick verfügbar. Doch jedes Wachstum stößt in einem geschlossenen System an seine Grenzen und führt zu Problemen.
Unsere Welt ist kompliziert und komplex. Und die Herausforderungen werden größer: Von Klimawandel über Armut bis zur Vermüllung unseres Planeten. Wir haben darauf noch nicht die finalen Antworten und Lösungen. Damit wir sie finden müssen mehr Menschen Verantwortung übernehmen. Sich für eine Sache einsetzen. Bei Problemen Ursachenforschung betreiben. Und dann: handeln. Allein schon deswegen, um sein eigenes Leben auf dieser Erde zu retten. Wenn dieser Egoismus dazu führt, dass Sie Verantwortung übernehmen, tun Sie automatisch viel Gutes für uns alle.
Dazu passt eine chinesische Weisheit:
He who blames others, has a long way to go on his journey.
He who blames himself is halfway there.
He who blames no one has arrived.
Wir brauchen mehr Anführer, die nicht den Schuldigen suchen, sondern die die richtigen Fragen stellen. Was ging schief? Warum? Wie können wir es lösen? Probleme identifizieren, Ursachen finden und den Fokus aller auf Lösungen richten. Wer sich als Anführer so verhält, der wird wahrscheinlich auch bemerken, dass sich auf einmal mehr Menschen trauen, in seinem Umfeld Verantwortung zu übernehmen. Und dann werden wir auch die großen Probleme unserer Zeit gemeinsam lösen.
Eines noch...
Das Stärkste,
was Sie tun können, ist:
Gegenwart machen!
Für und mit den Menschen.
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Auf Ihre Kommentare und Meinungen zum Artikel freue ich mich.
WORUM ES GEHT
Lassen Sie uns das Stärkste unternehmen, was uns möglich ist: Gegenwart machen. Um beruflich wie privat wirkungsvoll zu sein und ein erfülltes Leben zu führen. Im Blog finden Sie dazu geistige Reibungsfläche. Viel Freude beim Lesen.
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