Glücklichsein trotz Krise

Während der Corona-Zeit hat sich meine Arbeit verändert. Aktuell weniger Vorträge. Dafür mehr Coaching. Meist geht es in den Gesprächen ums Business: Führung, Umgang mit Ungewissheit, Generationswechsel. Doch häufig kommen auch private Themen auf die Agenda. Dann zeigt sich in den Gesprächen, dass hinter der öffentlichen Fassade die Gemütslage der Menschen völlig anders aussieht.

Nach außen zeigt sich das smarte Lächeln. Photos vom Home-Office werden gepostet. Unter Kollegen lautet die Antwort auf die Frage „Wie geht’s?“: Super! Die Marschrichtung lautet: Wir schaffen das.

Die Warheit sitzt hinter der Fassade

Zuhause sieht die Realität jedoch anders aus. Die Familie hockt auf einander. Die Kinder drehen am Rad. Zwischen den Meetings soll Home-Schooling stattfinden, gekocht werden. Die Grenzen zwischen Privat und Job verschwimmen; die Arbeitszeit nimmt zu.

Bisschen Zeit für sich selbst finden? Sport, Spazieren oder einfach mal nur alleine sein? In meiner kleinen Stichprobe fand ich: Letzteres scheint besonders für berufstätige Mütter und Ehefrauen ein Tabu zu sein.

In vielen Familien sind die Würfel gefallen, wer im Home-Office in Ruhe arbeiten darf. Oder gar wer ins Büro fährt. Manchmal wird dazu einfach nur geprüft, wer jeden Monat mehr Geld in die Haushaltskasse bringt. Der eine hat so (vorrübergehend) familiäre Ruhe, kann den Geist mit mehr oder weniger sinnvollen Themen beschäftigen und hat sozialen Kontakt zur Außenwelt. Der andere hat sich primär um die Kinder zu kümmern — und scheint dabei seelisch zu verkümmern. Die Nerven liegen blank!

Aber auch kinderlosen Menschen setzt die Corona-Zeit zu. Selbst harte Brocken sprechen auf einmal über eine seelische Anspannung. Ein diffuses Gefühl von Sorgen und Ängsten breitet sich plötzlich aus, das nicht näher greifbar ist. Gerade für Männer eine schwere Situation, da sie den Gefühlen bis jetzt erfolgreich aus dem Weg gehen konnten. Doch wie heißt es so schön: Gefühle sind keine Krankheit.

Fragile scheinsicherheit

“Jeder muss seinen Frieden in sich selbst finden, und soll der Friede echt sein, darf er nicht von äußeren Umständen beeinflusst werden.” Die Worte Gandhis klingen so klugscheißerisch, wenn man sich gerade wegen der äußeren Umstände mies fühlt. 

Und doch hat er recht. Denn wir erleben, wie flüchtig unser vermeintlich sicheres Leben ist. Ein Virus reicht aus, um in nur drei Monaten die Weltwirtschaft und das persönliche Glücksgefühl in den Keller zu reißen.

Hängt das Glück also doch eher an den äußeren Umständen? An Büro, Job, Geld, Haus, Auto, Restaurantbesuche, Shopping, Urlaub, Luxus?

Oder können wir — gerade in der Krise — unseren inneren Frieden finden? Einfach so glücklich sein?

Glück darf kein ziel sein

Vielleicht sollten Sie das Streben nach Glück einfach aufhören. Auch wenn Ihnen die Glücksindustrie etwas anderes versucht einzureden: Glück darf kein Ziel sein!

Denn Glück ist flüchtig. Es besteht aus Momenten. Und die kommen und gehen. Glück ist kein Zustand, den Sie einmal erreichen und dann für immer besitzen.

Für mich ist wichtig, dass mein Leben alles in allem erfüllt ist. Diese große Erfüllung kann ich selbst dann erleben, wenn der ein oder andere Augenblick auch mal frei von Glück ist. Mich entspannt diese Haltung, denn so kann ich mein Leben leichter genießen.


umgang mit krisen

Der Weg zu dieser Haltung ist einfach und seit langem bekannt: Amor Fati. Das klingt wie ein Name. Ist jedoch eine lateinische Redewendung und bedeutet: Liebe Dein Schicksal.

Vor rund 2.000 Jahren gab es diese Geisteshaltung bereits. Der römische Kaiser Marc Aurel schrieb darüber. Und doch gehört Amor Fati nicht zur Grundausstattung des menschlichen Gemütszustands.

Es braucht viel Training, um die Situation nicht nur einfach so anzunehmen. Sondern sie sogar zu lieben.

Vor vielen Jahren hat mich die Diagnose Krebs aus der Bahn geworfen. Das hat mich traurig gemacht, denn irgendwie hat diese Diagnose mir emotional klar gemacht, dass mein Leben endlich ist. Die jährlichen Routineuntersuchungen rissen immer wieder die Wunden der Erinnerung auf. Auch heute noch. Doch der Schmerz ist viel erträglicher geworden.

Ich habe angefangen, die Situation, so wie sie ist, zu lieben. Es würde zu weit gehen, wenn ich sage: Ich liebe den Krebs. Aber ich nehme die Situation und alles, was passiert ist, an und liebe sie jeden Tag ein bisschen mehr.

Wenn Sie Ihr Schicksal nicht ertragen. Nicht nur akzeptieren. Sondern lieben. Dann werden Sie eine ganz andere Energie gewinnen. Sie sind dann kein Opfer des Schicksals. Sondern Sie gestalten Ihre Zukunft mit dem, was das Leben Ihnen bietet. (Schauen Sie in meinen Online-Vortrag Mentale Stärke, wenn Sie noch mehr dazu wissen wollen.)

Die Kraft der Gegenwart

Ich nenne das „Gegenwart machen“.

Wenn Sie von einer rosaroten Zukunft träumen, wird eine aktuelle Krise sich nicht von alleine in Luft auflösen. Ihnen wird es auch nicht besser gehen, wenn Sie sich irgendwelche Horrorszenarien ausmalen, was in Zukunft möglicherweise noch alles passieren könnte.

Alle Bilder von der Zukunft — ob angenehm oder schrecklich — sind nichts anderes als Phantasie. Kopfkino. Halluzination.

Wenn Sie zeitlich in die andere Richtung schauen und sich an der Vergangenheit festkrallen, sich einreden „Früher war alles besser“, wird Ihre aktuelle Situation ebenfalls nicht angenehmer. Im Gegenteil: Denn Sie wissen, so wie früher, wird es nie mehr werden.

Und das ist auch gut so. Denn es kann besser werden, als es jemals war. Wenn Sie sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren und Gegenwart machen. Dazu brauchen Sie nur zwei Fähigkeiten beherrschen.

  1. Wahrnehmen, was ist. Schauen Sie genau hin. Hören Sie gut zu. Fühlen Sie. Nicht nur um Sie herum. Sondern auch in Ihnen. Wahrheit zeigt sich meist in vielen Facetten. Seien Sie achtsam.

  2. Wahrmachen, was jetzt sein soll. Wenn Sie wahrgenommen haben, was ist, dann legen Sie los. Machen Sie das, was jetzt zu tun ist, um die Situation ein bisschen besser zu machen.

Gegenwart machen funktioniert dann richtig gut, wenn Sie wissen, wo Sie im Leben hinwollen. Der Mensch ist rund 300.000 Jahre auf diesem Planeten unterwegs. Den Großteil der Zeit als Nomade. Und Nomaden brauchen für ihre Reise eine gute Orientierung: den Horizont.

Heute sind wir als moderne Nomaden unterwegs. Auch Sie sind ein moderner Nomade. Und brauchen ebenfalls Orientierung.

Wie sieht Ihr Horizont aus? Wo wollen Sie hin? (Weitere Impulse finden Sie auch in meinem Online-Vortrag Umsetzungs-Power statt blinder Aktionismus.)

Die Krise als Chance

Corona ist eine gute Gelegenheit, um über sich hinaus zu wachsen. Nicht nur im Business neue Wege zu suchen oder privat das Haus aufzuräumen. Sondern auch in Ihrem Leben. In Ihrer Seele. In Ihrer Einstellung gegenüber sich selbst und der Welt.

Das ist leichter gesagt als getan. Vor allem, wenn Ihnen — welches Wasser auch immer — bis zum Halse steht.

Doch eines ist Gewiss: Die nächste Herausforderung, die nächsten widrigen Umstände kommen mit Sicherheit. Nutzen wir die Zeit also und arbeiten an uns. Trainieren Sie Geist und Seele. Werden Sie eine stärkere Persönlichkeit.

Denn der wahre Charakter zeigt sich in der Krise.

Warten Sie nicht darauf. Zeigen Sie ihn jetzt schon. Denn das Leben ist kurz.

Wann brechen Sie auf?


Eines noch...

Das Stärkste,
was Sie tun können, ist:
Gegenwart machen!
Für und mit den Menschen.

Weitere Videos sowie meine Serie #CappuccinoFriday finden Sie auf meinem YouTube-Kanal.