Das echte Leben ist Begegnung

Das echte Leben ist Begegnung

Die Bevölkerungsdichte nimmt immer mehr zu. In großen Städten leben tausende Menschen auf engstem Raum. Und doch sind sich die meisten fremd. Auf Facebook sammeln die Menschen hunderte Freunde. Und sind den meisten davon nie wirklich begegnet. Sind wir auf dem Weg, immer einsamer zu werden?

Manche brauchen viel Nestwärme und Austausch, andere weniger. Aber eines eint alle Menschen: Wir sind ein soziales Lebewesen und brauchen die echte Begegnung. Das Gefühl, zu einer Gruppe dazuzugehören.

Seit rund 300.000 Jahren bevölkert der Mensch den Planeten. Damals waren wir in Clans unterwegs. Zogen durch die Steppe. Durch Wälder. Überquerten Flüsse. Kämpften uns über Bergkämme. Immer auf der Suche nach Essen und lebenswerten Bedingungen.

Unseren Vorfahren war klar: Das Leben ist ein Überlebenskampf.

Und der ist alles andere als einfach. Denn der Mensch ist nicht das stärkste Lebewesen. Im Gegenteil. Viele Tiere. Und selbst kleinste Bakterien und Viren sind uns haushoch überlegen.

Aber wie konnten wir Menschen es schaffen, den Planeten, die Tiere so zu dominieren?

Die Antwort ist: Intelligente Kooperation.

Unsere Fähigkeit zur Intelligenz unterscheidet uns deutlich von anderen Lebewesen. Wir können reflektieren. Nachdenken. Sind uns unser selbst bewusst. Können träumen. Pläne für die Zukunft schmieden. Und über Lösungen nachdenken, wie wir unsere wildesten Träume Realität werden lassen.

Und so fliegen wir wie die Vögel.
Tauchen wie die Fische.
Können uns schneller als jedes andere Lebewesen fortbewegen.
Kommunizieren von jedem Ort der Erde.
Streben sogar nach dem Leben auf dem Mars.

Doch Intelligenz allein reicht nicht, um all diese großartigen Errungenschaften möglich zu machen. Wir müssen zusätzlich die Fähigkeit beherrschen, zu kooperieren. Erst das Zusammenspiel von vielen Menschen ermöglicht Großes.

Das war damals bereits so, als zwei Hände voll Urmenschen das Mammut jagten und erlegten. Und ist heute so, wenn Menschen Flugzeuge bauen. Windräder aufstellen. Oder dafür sorgen, dass wir im Supermarkt unser Essen einkaufen können. Aber auch im Kleinen, im alltäglichen Miteinander, ist es angenehmer, intelligent zu kooperieren, als sich gegenseitig in bösartigen Streitereien und neidgetriebenen Konflikten das Leben schwer zu machen.

Die intelligente Kooperation ist überlebensnotwendig. Und deswegen ist das Schlimmste, was jedem von uns passieren kann, wenn wir aus unserem Clan verstoßen werden.

Es ist unsere Ur-Angst, verstoßen und einsam zu sein. Die Folgen dieser Angst sind gravierend und heute überall spürbar.

Wir halten uns im Unternehmen lieber zurück, um bloß nichts Falschen zu sagen oder der falschen Person zu nahe zu treten. Denn das könnte uns die Karriere oder sogar den Job kosten.

Wir machen privat nicht den Mund auf, aus Sorge davor, dass Freundschaften oder Familienbünde in die Brüche gehen.

Tief in unseren Genen steckt eben das tiefe Bedürfnis, dazu zu gehören. Und wenn dieses Zugehörigkeitsgefühl bedroht, verletzt oder gar bereits gestorben ist, dann tut das unendlich weh.

Trotz der hohen Bevölkerungsdichte. Trotz unseres technologischen Fortschritts. Trotz unseren Möglichkeiten zur weltweiten Kommunikation. Viele Menschen fühlen sich heute nicht gesehen. Nicht dazugehörig. Stattdessen ignoriert. Verstoßen.

Aktuell erleben wir ein Zeitalter des Aufschreis. Die Schmerzen sind überall sichtbar.

Die LGBT-Community schreit nach Zugehörigkeit.
Frauen schreien nach Zugehörigkeit.
Behinderte schreien nach Zugehörigkeit.
Fridays for Future schreit nach Zugehörigkeit.
Entwicklungsländer schreien nach Zugehörigkeit.

Und es stimmen täglich neue Menschen ein in den Ruf nach Sichtbarkeit. Respekt. Wertschätzung.

Panisch ergreifen wir Maßnahmen. Regenbogen-Fahnen werden ausgehangen. Gendersternchen eingeführt. Die Budgets für Entwicklungshilfe aufgestockt. Doch das sind alles nur Symbole und werden am Ende nicht entscheiden, ob das Bedürfnis nach Zugehörigkeit wirklich gelöst wird.

Denn ob Sie sich zu einer Gruppe, einem Clan, der Menschheit allgemein zugehörig fühlen, entscheiden nicht die Maßnahmen. Sondern Sie selbst.

Als Menschen haben wir noch viel zu tun, um Menschlichkeit zu leben. Wie bekommen wir es hin, intelligent zu kooperieren? Wie bekommen wir mehr Gefühl der Zugehörigkeit in unser Leben? In die Berufswelt? Und zwar ohne moralischen Zeigefinger, freiheitsraubende Verbote und anmaßende Vorschriften?

Dazu fangen wir am besten im Kleinen an. Denn Gesellschaft lässt sich nicht per Knopfdruck verordnen. Sie muss sich aus der Summe von uns allen entwickeln.

Der einfachste Schritt ist: Geben Sie sich doch einfach selbst mehr Wertschätzung. Schauen Sie Ihrem Kopf beim Denken zu: Dominiert Ihr innerer Kritiker, der Ihnen einredet, Sie seien zu klein, zu groß, zu dünn, zu dick, zu dumm, zu arm, zu schwach, zu alt, zu jung, zu männlich, zu weiblich? Der Ihnen weiß machen will: „Ich kann das nicht!“? Oder pflegen Sie bereits ein fürsorglicheres Verhältnis zu Ihnen selbst, indem Sie überzeugt sind: „So wie ich bin — bin ich gut genug!“?

Der nächste Schritt: Geben Sie den Menschen in Ihrem unmittelbaren Umfeld mehr Anerkennung und Wertschätzung. Klar, wenn jemand richtig Mist baut, dann sollten Sie auch mal auf den Tisch hauen und Grenzen zeigen. Aber schauen Sie vor allem auf die vielen positiven Dinge. Und freuen Sie sich auch über die Kleinigkeiten, die gut laufen. Denn die Menschen in Ihrem Umfeld sehnen sich nach Ermunterung, damit Sie den Mut haben, etwas zu wagen. Über ihren Schatten zu springen. Und endlich aufzubrechen und ins Tun zu kommen.

Wenn Sie es schaffen, sich selbst und die Menschen, in Ihrem Umfeld, wahrzunehmen. Das Gute zu sehen. Und Ihnen selbst und den Menschen um Sie herum Mut zuzusprechen, für das, was noch vor ihnen liegt. Dann sind wir schon einen bedeutenden Schritt weiter. Anstatt ständig zu kritisieren — ermutigen Sie.

Große Veränderungen entwickeln sich, indem wir jeden Tag einen kleinen Schritt nach vorne gehen. Gemeinsam. Deswegen denken Sie daran: Das echte Leben besteht aus echten Begegnungen.

Übrigens: Denken Sie jetzt nicht, dass der Holzer in einen “Wir haben uns alle lieb”-Modus verfallen ist. Natürlich müssen Sie nicht mit jedem gut Freund werden. Im Gegenteil: Sie sollten sogar sehr sorgsam darauf achten, welche Menschen Sie in Ihr engeres Umfeld lassen. Doch dazu schreibe ich ein anderes Mal. An dieser Stelle nur soviel: Wenn Sie mit einem Menschen nichts zu tun haben wollen, denken und handeln Sie nach dem Motto: “Leben und leben lassen.”

 

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Auf Ihre Meinung zum Artikel freue ich mich in den Kommentaren.